Energie: Deutschland verpulvert 33 Milliarden

Energie: Deutschland verpulvert 33 Milliarden
focus.de: Deutschland hat vergangenes Jahr Erdöl, Erdgas und Steinkohle für rund 76 Milliarden Euro importiert. Doch bei fossilen Brennstoffen gibt es einen fatalen Nachteil: Ineffiziente Abwärme. Das kostet riesige Summen.
Deutschland ist kein ressourcenreiches Land. Was wir hier verbrauchen, muss deswegen oft importiert werden. Bei fossilen Brennstoffen ist das teuer: Laut einer KfW-Studie hat Deutschland im vergangenen Jahr 76 Milliarden Euro für Erdgas, Kohle und Öl gezahlt. Der Löwenanteil von 51 Milliarden Euro sind dabei die Erdölimporte. 19 Milliarden Euro wurden für Erdgas ausgegeben und 5 Milliarden Euro für Steinkohle. Die letzte Milliarde sind sonstige fossile Brennstoffe.
Über einen längeren Zeitraum seit 2008 betrachtet, geben wir pro Jahr im Schnitt sogar 81 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe aus. Dieser Schnitt wird allerdings ein wenig durch das Energiekrisenjahre 2022 verzerrt, als wegen der hohen Rohstoffpreise 146 Milliarden Euro fällig wurden – also fast doppelt so viel wie 2024. Dabei ist die Energiemenge der importierten über den langen Zeitraum um rund 17 Prozent gesunken.
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Der Importanteil der fossilen Brennstoffe ist dabei allerdings enorm hoch. Bei Steinkohle waren es im vergangenen Jahr 100 Prozent, bei Erdöl 98 Prozent und bei Erdgas 95 Prozent. Zum Vergleich: Bei Strom, wo in der öffentlichen Diskussion oft über Importe heiß geredet wird, liegt der Importanteil bei gerade einmal fünf Prozent.
Brennstoff-Importe: So hoch sind die Verluste bei Erdöl
Nun ist es eine Sache, dass Deutschland so viele fossile Brennstoffe importiert. Eine andere Sache ist aber, wie diese in Deutschland genutzt werden. Ein drastisches Beispiel: Erdöl. Nach einer Auswertung des Umweltbundesamtes wird dies zu rund 77 Prozent im Verkehrssektor verbraucht, also hauptsächlich in Form von Benzin und Diesel.
Dazu muss Rohöl aber erst einmal verarbeitet werden. Schon die Herstellung von Kraftstoffen geht dabei nicht ohne Verluste. Die „Well-to-Tank“-Quote von Benzin liegt in Deutschland bei 82 Prozent, von Diesel bei 90 Prozent. 10 bis 18 Prozent der Energie des Rohöls werden also schon bei der Verarbeitung in die Luft geblasen.
Noch schlimmer sieht dies aus, wenn der Kraftstoff dann im Auto landet. Der genaue Wert schwankt je nach Auto, Kraftstoff und Motor, aber der Wirkungsgrad von Benzin und Diesel liegt nur bei durchschnittlich 40 Prozent.
Mehr als die Hälfte der Energie, die Sie tanken, geht also komplett verloren und wird nicht für den Antrieb des Autos genutzt. Tanken Sie also heute 60 Liter, was Sie bei Benzin derzeit rund 100 Euro kostet, dann werden nur 40 Euro davon im Auto wirklich genutzt. 60 Euro verpuffen in Form von Abgasen und Abwärme.
Deutschland verliert fast 26 Milliarden Euro
Das summiert sich: Bei der Menge an Rohöl, die Deutschland importiert, gehen allein im Verkehr fast 26 Milliarden Euro verloren. Zur Erinnerung: Das Importvolumen sind 51 Milliarden Euro – rund die Hälfte wird also einfach ungenutzt in die Luft geblasen. Damit ist der Verkehrssektor der schlimmste Verschwender von Energie in Deutschland.
Würde alle rein theoretisch morgen auf ein Elektroauto umsteigen – und hätten wir die dafür notwendige Infrastruktur – dann würde ein Großteil dieser Verluste verschwinden. Komplett auflösen täten sie sich nicht. Erstens wird Strom auf absehbare Zeit nicht 100 Prozent erneuerbar hergestellt werden, ein fossiler Rest wird bleiben, und zweitens gehören zum Verkehrssektor auch Schiffe und Flugzeuge, die auf absehbare Zeit nicht komplett elektrisch betrieben werden können.
Der zweitwichtigste Einsatzort von Rohöl sind private Haushalte und der Handel, wo der Brennstoff zum Heizen eingesetzt wird. Auch für Heizöl muss Rohöl erst verarbeitet werden, wobei direkt wieder rund 15 Prozent der Energie verloren gehen. Danach ist der Wirkungsgrad von Heizöl mit rund 90 Prozent sehr gut – klar, schließlich soll hier ja auch die Abwärme genutzt werden. Trotzdem summieren sich die Verluste hier allein aufgrund der schieren Menge an Heizöl, das in Deutschland jährlich verbraucht wird. Für Haushalte sind es nach unseren eigenen Berechnungen rund 1,6 Milliarden Euro, im Handel und Gewerbe noch einmal 714 Millionen Euro.
Das wenigste importierte Rohöl geht an die Industrie, ihr Verbrauch macht lediglich vier Prozent aus. Zwar wird hier auch mal damit geheizt oder es für Wärme für industrielle Prozesse eingesetzt, doch der Großteil wird stofflich verwandt – also etwa für die Herstellung von Kunststoffen, Teer oder ähnlichem. Dabei fallen vom Öl selbst keine Wirkungsverluste an, so dass wir das für unsere Rechnung vernachlässigen können. Insgesamt gehen also bei der Nutzung von 51 Milliarden Euro Rohölimporten rund 28 Milliarden Euro verloren – das sind rund 55 Prozent.
So hoch sind die Verluste bei Erdgas und Steinkohle
Bei Erdgas sieht die Rechnung ein wenig anders aus. Rund 42 Prozent der Importe werden hier laut Umweltbundesamt in privaten Haushalten für Heizungen genutzt. Gasheizungen haben einen sehr guten Wirkungsrad von rund 92 Prozent. Durch die hohe Anzahl an Gasheizungen summiert sich der Verlust hier aber trotzdem auf knapp 680 Millionen Euro. Hinzu kommen knapp 300 Millionen Euro aus Gewerbe und Handel, wo Erdgas ebenfalls überwiegend zum Heizen eingesetzt wird… weiterlesen