Fälschungen auf dem Secondhand-Markt

Fälschungen auf dem Secondhand-Markt
Foto: Unsplash CC

Fälschungen auf dem Secondhand-Markt

Secondhand-Mode ist ein Milliardengeschäft und Daniel Bayen galt mit seiner Firma Strike als Nachwuchshoffnung des Einzelhandels. Nun decken CORRECTIV-Recherchen Unstimmigkeiten und fragwürdige Praktiken auf: Offenbar handelte es sich bei einem Teil des Angebots um fabrikneue Plagiate aus Pakistan. Bayen selbst spricht von Unachtsamkeit und Käufen zu Recherche- und Schulungszwecken.

Der Unternehmer Daniel Bayen hatte bei seiner mittlerweile insolventen Erfolgsmarke Strike womöglich zum Teil in Pakistan gefertigte Neuware anstelle von echter Vintagekleidung im Sortiment. Recherchen des Medienhauses CORRECTIV zeigen, dass Bayen in Südostasien in größerem Umfang Fake Vintage-Artikel produzieren und nach Deutschland einführen ließ. Die Kundinnen und Kunden ließ das Label in dem Glauben, in seinen Läden werde ausgesuchte, echte Secondhand-Mode verkauft.

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Auf Anfrage von CORRECTIV räumt Bayen Fälschungen ein, bestreitet aber, seine Kunden vorsätzlich getäuscht zu haben. Die Plagiate habe er zu „Schulungszwecken“ bestellt, um Mitarbeitern den Unterschied zu den Originalen zu zeigen, oder wenn er für Fotoshootings bestimmte Teile brauchte. Manchmal habe er aber auch aus Versehen Fälschungen gekauft, „weil ich es nicht besser wusste und es nicht aufgefallen ist. Da habe ich teils auf jeden Fall auch fahrlässig gehandelt.“

Die Belege deuten darauf, dass Bayen gezielt neue Ware bestellte

CORRECTIV liegen Fotos, Videos und Chatprotokolle sowie weitere Dokumente vor, die auf Ungereimtheiten deuten: Aus Überweisungsbelegen geht hervor, dass Bayen zwischen Ende 2021 und Sommer 2023 wiederholt größere Beträge an den Großhändler Mughal Brothers Vintage Wholesale in Karatschi überwies, teilweise in sechsstelliger Höhe.

Chatprotokolle deuten darauf hin, dass Bayen gezielt Neuware bestellt haben könnte. Offenbar schreibt Bayen in einem Mailwechsel an den Händler in Pakistan: „Ich suche noch mehr Designs. Ich brauche das sehr schnell wie möglich“. Der Großhändler antwortete: „Ja, bitte, Bro, schick mit alle Designs, und lass mich wissen, welche Siebdruck sein sollen.“ 

Die Firma Mughal Brothers Vintage Wholesale verbreitete auf Tiktok Videos aus einer Fabrik in der Stadt Sialkot: Diese zeigen, wie Arbeiter im Akkord Sweater, Hoodies und Jacken nähen, darunter Vintage-Plagiate. Auf Anfrage von CORRECTIV weist der Händler Vorwürfe von gefälschter Markenkleidung zurück.

Zugleich bestätigt die Firma aber, auch neue Kleidung an Bayen und andere Kunden vertrieben zu haben. Mughal Brothers sei aber auf Vintage-Kleidung spezialisiert und besorge Neuware quasi als Mittelsmann von anderen Anbietern: „Nachdem Daniel bei uns neue Kleidung nachgefragt hat,  kamen viele Kunden aus Deutschland und fragten nach neuer Kleidung.“ Um den Interessenten gegenüber einen „besseren Eindruck“ zu machen, habe  man sich auch als Hersteller ausgegeben.

Bayen weist absichtliche Verstöße zurück, geht aber selbst von einem erheblichen Anteil von Plagiaten aus. Auf die Frage, in welcher Menge er in Pakistan gefälschte Ware gekauft habe, verweist er auf die allgemein verbreiteten Missstände des Vintage-Marktes: „Der genaue Umfang lässt sich wahrscheinlich gar nicht wirklich definieren. Ich vermute, dass zwischen 20 und 30 Prozent der Markenkleidung auf dem Gebrauchtmarkt Fälschungen oder gebrauchte Fälschungen sind.“   

Daniel Bayen hatte sich ab 2019 mit äußerst erfolgreichen Vintage-Stores einen Namen gemacht und galt als Nachwuchshoffnung der deutschen Branche. Innerhalb von zwei Jahren eröffnete er Geschäfte an 16 Standorten und erzielte nach eigenen Angaben Millionenumsätze. Im Februar dieses Jahres ging die Firma in die Insolvenz. 

Das Geschäft mit der gebrauchten Kleidung boomt. Laut Prognosen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC soll der Markt von 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2022 bis 2025 auf fünf bis sechs Milliarden Euro wachsen. 

Gabriela Keller

Die ganze Recherche können Sie hier lesen: https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2024/04/24/der-vintagescam-aus-neu-mach-alt/

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