Hecken sind verkannte Klimaschützer
Hecken sind verkannte Klimaschützer
Fataler Fehler mit durchschlagender Klimawirkung: In den zurückliegenden 70 Jahren holzten Bauern fast die Hälfte aller Hecken in Deutschland ab. Denn die standen meist der Flurbereinigung im Weg und behinderten die industriell betriebene Landwirtschaft. Jetzt aber entdeckten Forschende am Thünen-Institut, dass ausgerechnet Hecken in der Landschaft die besten Klimaschützer wären!
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden in einer Metastudie, für die sie 13 Pulikationen und eigene Daten mit insgesamt fast 150 untersuchten Hecken auswerteten heraus, dass „eine auf Ackerland neu angepflanzte Hecke von 720 Meter Länge langfristig die gesamten Treibhausgasemissionen, die ein Durchschnittsdeutscher innerhalb von 10 Jahren emittiert“ durch die Einlagerung von Kohlenstoff in der Biomasse der Hecke und als Humus im Bodenkompensieren kann.
Hecken sind fast so gute CO2-Speicher wie der Wald
Für die Forschenden ergab sich ein überraschendes Bild: Pro Hektar wird in einer Hecke im langjährigen Mittel fast genauso viel Kohlenstoff gebunden wie in Wäldern. Dies kann mit der hohen Dichte an Ästen und Zweigen in Hecken und den guten Wuchsbedingungen in der Agrarlandschaft erklärt werden. Besonders viel Kohlenstoff wird auch in den Wurzelstöcken der Hecken gebunden. Leider kommt diese Erkenntnis zu spät: Die meisten Hecken sind inzwischen weg.
In der Landwirtschaft und aus landwirtschaftlich genutzten Böden entstehen in Deutschland etwa 12 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Die meisten Emissionen kommen als Methan aus dem Verdauungstrakt von Rindern und als Lachgas durch die Düngung von Äckern und Grünland. Viele dieser Emissionen sind schwer oder gar nicht vermeidbar, weil sie aus biologischen Prozessen stammen. Zusätzlich werden große Mengen Kohlendioxid durch die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden emittiert.
Klimaneutralität ist im Landwirtschaftssektor also nur erreichbar, wenn an anderer Stelle Emissionen wieder kompensiert werden, schreiben die Forschenden in ihrer Pressemeldung. Dazu könnten Hecken einen Beitrag leisten. „Eine Kommune mit 5.000 Einwohnern kann zum Beispiel die mit dem Milchkonsum verbundene Treibhausgasemission von zehn Jahren durch das Pflanzen von sechs Hektar Hecken und Feldgehölzen kompensieren“, rechnen die Thünen-Expertinnen und -experten vor.
Nur Neuanpflanzungen haben positiven Klimaeffekt
Die größte Wirkung für den Klimaschutz entfalten Hecken, laut der Studie, wenn sie auf Ackerböden angepflanzt werden. Denn hier wird zusätzlicher Kohlenstoff nicht nur in der Biomasse, sondern auch im Boden als Humus gebunden. Es seien allerdings nur neu angepflanzte Hecken, die klimawirksam sind, denn mit ihrer zunehmenden Biomasse erhöhen sie die Kohlenstoffspeicherung in der Landschaft.
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Dieser Kohlenstoffspeichereffekt könne deshalb auch nur einmal angerechnet werden, auch wenn es etwa 20 Jahre dauert, bis eine Hecke aufgewachsen sei. Im Boden kann es sogar noch länger dauern, bis die erhöhten Humusvorräte ein neues Gleichgewicht erreicht haben und nicht weiter steigen.
Neben dem Klimaeffekt schützen Hecken den Boden vor Winderosion und haben eine kühlende Wirkung. „Ein Dürresommer richtet in einer heckenreichen Agrarlandschaft weniger Schaden an“, wissen die Wissenschaftler. Von Hecken profitierten auch Tiere und Pflanzen, für die Hecken Lebensraum und Verbindungsglied zwischen Biotopen sind. „Die vielfältigen Leistungen von Hecken machen diese zu attraktiven Strukturelementen in der Agrarlandschaft“, sagt Projektleiter Dr. Axel Don.
Trotzdem sei es in den zurückliegenden Jahrzehnten kaum zu neuen Heckenanpflanzungen gekommen. Dafür sieht der Thünen-Wissenschaftler verschiedene Gründe. Ein Grund sei der Förderdschungel, der Flächenbesitzerinnen und -besitzer überfordere. In jedem Bundesland gebe es andere Programme mit anderen Anforderungen und Angeboten. Es reiche auch nicht, wenn nur die Anlage von Hecken gefördert würde. Die Pflege von Hecken müsse genauso in die Förderung einbezogen werden.
Studie könnte Klimaschutz im Agrarbereich fördern
Helfen könnten nach Auffassung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Landschaftspflegeverbände, von denen einige schon „schlüsselfertige“ Hecken anbieten. Daneben setzten sich auch die Jagdverbände seit langem für eine reicher strukturierte Agrarlandschaft ein. Die neue Thünen-Studie könnte solchen Initiativen Rückenwind geben. Denn nun wird es erstmals möglich, die Klimaschutzleistung von neuen Hecken zu quantifizieren. Don ist überzeugt: „Es gibt kaum eine Klimaschutzmaßnahme im Agrarbereich, mit der auf so wenig Fläche so viel Effekt erzielbar ist.“
Der Knackpunkt an dieser Idee ist die Langlebigkeit dieser Strukturelemente. Don sieht als Pferdefuß, dass Hecken unter besonderem Schutz stünden und sich, einmal gepflanzt, nicht so schnell wieder entfernen ließen. Zwar hätte dies den Vorteil, dass damit auch die Kohlenstoffbindung und der Klimaschutzeffekt kaum verloren gehen. Die Flächenbesitzer würden dadurch aber an Flexibilität verlieren – und bisher auch im Unklaren gelassen, ob neue Hecken weiterhin als landwirtschaftliche Nutzflächen gelten und damit förderfähig bleiben.
pit/red