Klimaschutz durch freilebende Weidetiere

Klimaschutz durch freilebende Weidetiere
Wisent mit Kalb Foto: Sergio-Pitamitz

Klimaschutz durch freilebende Weidetiere

enorm-magazin.de: Wir sollten die Natur auch einfach mal machen lassen, statt vor allem in technischen Lösungen zu denken, um Klimakrise und Artensterben aufzuhalten. Wie gut das funktionieren kann, erklärt Frans Schepers von der NGO Rewilding Europe. Er sagt, die Natur sei unsere stärkste Verbündete im Kampf um unser eigenes Überleben.

Worum geht es bei Rewilding?

Frans Schepers: Bei Rewilding geht es um die Wiederherstellung der Natur in großem Maßstab. Und das meiste davon geschieht durch die Natur selbst. Wenn wir nicht mähen, nicht schneiden, nicht jagen und schießen, werden Tiere und Pflanzen von selbst zurückkommen. Meistens ist menschliches Eingreifen nur am Anfang nötig, um die richtigen Bedingungen zu schaffen. So müssen etwa Deiche und Dämme entfernt werden, damit die Flüsse über die Ufer treten und Feuchtbiotope wie Auen entstehen.

Heißt Rewilding auch, heimische Tierarten wieder anzusiedeln?

Die meisten Arten brauchen keine Unterstützung. Aktiv wieder angesiedelt werden nur Tiere, die für das Funktionieren des Systems von entscheidener Bedeutung sind und die nicht aus eigener Kraft zurückkommen können. Wir nennen sie „Keystone Species“ oder auch „Ökosystem-Ingenieure“, weil sie einen größeren Einfluss auf die Landschaft haben als andere Arten. Von selbst zurückgekommen sind im Oderdelta an der Grenze zwischen Deutschland und Polen zum Beispiel Elch, Wolf und Luchs, das Wisent (Europäischer Bison) sowie Kegelrobben.

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Woher kommen die Wildtiere, die angesiedelt werden?

Das hängt von der Spezies ab. Aktuell bringen wir Mönchsgeier von Spanien nach Bulgarien, damit sich die dortige Population erholen kann. In Spanien dagegen leben viele. Davon auch einige in Gefangenschaft, weil sie verletzt sind oder gezüchtet werden. Wisente holen wir immer aus Wildparks, auf keinen Fall aus Zoos. Die Tiere dürfen nicht ihr Leben lang gefüttert worden sein, sonst überleben sie die Auswilderung nicht. Vor der Freilassung werden sie erst in Quarantäne beobachtet und ärztlich betreut, danach verbringen sie längere Zeit miteinander. So bildet sich langsam die soziale Struktur einer Herde, mit einem weiblichen Leittier, mit Jungtieren und Männchen.

Das Auswildern des Wisents läuft gut in Polen, Mensch und Tier koexistieren. Als aber ein Tier über die Grenze nach Deutschland kam, wurde es sofort abgeschossen. Wie gehen Rewilding-Initiativen damit um?

Die lokale Akzeptanz und Unterstützung ist extrem wichtig. In den rumänischen Karpaten etwa haben wir deswegen erst mal zwei Jahre lang nach dem richtigen Ort gesucht, den Bürgermeister einbezogen und die Menschen, die in der Region wohnen. Es geht um Zusammenarbeit auf Augenhöhe, denn die ganze Initiative kann scheitern, wenn die Leute die Tiere nicht als Nachbarn haben wollen. Natürlich werden sich die Wisente und Bären irgendwann einem Dorf nähern und Straßen überqueren. Nach dem Wisent-Vorfall in Deutschland gab es regen Austausch zwischen Verantwortlichen vor Ort und Einwohner:innen der Grenzregionen, damit alle vorbereitet sind, wenn sich wieder mal ein Wisent auf den Weg macht… weiterlesen

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