Militärblockade: Neue Windkraft-Hürden

Militärblockade: Neue Windkraft-Hürden
Foto: Eu-eugen/Pixabay CC/PublicDomain

Militärblockade: Neue Windkraft-Hürden

focus.de: Eine geplante Gesetzesänderung regt die Windkraftlobby auf: Nach den nun bekanntgewordenen Plänen könnten das Militär für seine Radar-Stützpunkte weit mehr freien Umkreis durchsetzen als bisher. Damit fiele für Windkraftwerke viel beplanbarer Platz weg, sagen die Verbände. Wollen wir das Land mit Windmühlen zupflastern oder es im Ernstfall verteidigen können?

Der Paragraf 18a des Luftverkehrsgesetzes hat es in sich. Denn dort (§ 18a Abs. 1 Satz 1 LuftVG) ist geregelt, dass Bauwerke nicht errichtet werden dürfen, wo sie Flugsicherungseinrichtungen stören könnten. Im Mai 2023 wurde nun eine Neufassung vorgelegt, und zwar als Teil des „Genehmigungsbeschleunigungsgesetzes“. Das klingt gut, trotz des langen Namens, denn Genehmigungsbeschleunigungen sind bundesweit sicherlich hoch willkommen und bislang Mangelware.

Der Bundesverband Windenergie (BWE), der angibt, 20.000 Mitglieder der Branche zu vertreten, fiel allerdings aus allen Wolken angesichts der Neufassung jenes Paragrafen. Der sieht nun zusätzlich vor, „stationäre militärische Einrichtungen zur Kontrolle des Flugbetriebs“ ebenfalls zu schützen, falls Bauwerke die Führung und Überwachung des Flugbetriebs stören können. In Medien war vom „härtesten Anti-Windradgesetz aller Zeiten“ die Rede.

Lesen Sie auch:

Der Hintergrund: Der Lobbyverband rechnet vor, dass dadurch künftig insgesamt ein Drittel des Bundesgebiets von der Errichtung neuer Windkraftwerke ausgenommen würde. Für den Interessenverband eine Katastrophe: Denn einen Regelungsbedarf gebe es gar nicht. Alle notwendigen Prüfungen müssen ohnehin die Genehmigungsbehörde vornehmen, und das beinhalte natürlich auch Auswirkungen auf die Flugsicherheit, ob militärisch oder zivil. Nun aber sei geplant, dass die Bundeswehr in Eigenregie über diese Dinge entscheiden dürfe, wenn es um den kilometerweiten Umkreis ihrer stationären Radaranlagen geht.

Windkraftindustrie genießt auf allen staatlichen Ebenen Vorrang

Der Streit kann noch unerfreuliche Ausmaße annehmen, denn in der Tat ist die Windkraftindustrie gut vernetzt und genießt auf allen staatlichen Ebenen einen Vorrang, der sich in zahlreichen Vergünstigungen niederschlägt. Das führt dann auch zu einer Selbsteinschätzung, als wäre man in jedem Fall mit besonderem Vorzug zu behandeln. Notfalls auch gegenüber dem Militär.

Natürlich versuchte auch das Bundesverteidigungsministerium sogleich, die Gemüter zu besänftigen: Den Einflussbereich von der reinen Flugsicherung nun auch auf stationäre Radaranlagen der Bundeswehr zu erweitern, sei aufgrund der geänderten Verteidigungsnotwendigkeiten unvermeidbar geworden. Die Bundeswehr müsse erweiterten Anforderungen genügen. Das bezieht sich auf die politische Großwetterlage seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine.

Aber: Die Neuregelung bedeute ja mitnichten ein generelles Bauverbot. Es komme eben immer darauf an, um welche Bebauung und in welchen Abständen es sich handele. Sollte in der Tat einmal ein Windkraftbau nicht genehmigt werden können, so werde man sich um Ausgleich in einem anderen Gebiet bemühen.

Soweit das Friedensangebot der Bundeswehr – allerdings versteht man im Ministerium bei bestimmten Anwürfen dann auch keinen Spaß. Der Windkraftverband hatte eingewendet, dass der überwachte Luftraum (oberhalb 300 Meter) ja erheblich höher liege als die Höhe einer Windkraftanlage, die nach heutiger Technik rund 250 Meter erreiche. Demgegenüber machen die Militärs nun deutlich, dass man auf jeder Höhe des Luftraums und bei jedem Wetter in der Lage sein müsse, besonders aber im Krisenfall, Luftfahrzeuge zu erkennen und zu identifizieren.

Neue finanzielle Anreize sollen den Bau beschleunigen

Will heißen: Kampfhubschrauber unfreundlich gesinnter Gegner will man nicht erst wahrnehmen, wenn sie unvermutet hinter dem Rotorblatt eines Windrades auftauchen. In Zusammenhang mit Windkraftanlagen gibt es seit jeher einen Austausch aller maßgeblichen Stellen, staatlich oder nicht. So hatte etwa nach längeren Abklärungen die Deutsche Flugsicherung (DFS) die Schutzbereiche rund um viele ihrer Funkfeuer drastisch verkleinert und damit erhebliche Flächen freigegeben. Die Anlagenbetreiber, vor allem die Projektierer jedoch haben großes Interesse daran, jegliche Ausbaumöglichkeit zu nutzen. Denn Windenergie ist für viele Beteiligte ein Riesengeschäft.

In den kommenden Jahren will die Politik erreichen, dass 80 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gespeist werden – da Kernkraftwerke ausscheiden, bleiben in der Fläche nur Solarstrom und eben Windenergie. Täglich müssten, um diese Ziele bis 2030 zu erreichen, rund sechs Windräder neu hinzukommen. Tatsächlich sind es bis dato weit weniger – daher sollten jüngst neue finanzielle Anreize den Bau beschleunigen. Zuletzt sorgte eine kräftige Erhöhung der Einspeisevergütung Ende 2022 durch die Bundesnetzagentur für Furore – diese EEG-Vergütung erreicht derzeit je nach Region an die zehn Cent pro Kilowattstunde. Festgeschrieben auf zwanzig Jahre…. weiterlesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.