Organische Solarzellen vor dem Durchbruch

Organische Solarzellen vor dem Durchbruch
Vorstellung einer organischen Solarzelle Fopto: Wikimedia CC 3.0/Kuebi

Organische Solarzellen vor dem Durchbruch

handelsblatt.com: Solarzellen aus Kohlenwasserstoff sind flexibel, umweltschonend und können leicht auf Dächern verbaut werden. Deutschland ist bei der Technologie führend.

Wenn Karl Leo auf Häuser schaut, sieht er dort vor allem eins: Potenzial. „Fast jedes Dach müsste mit einer Solaranlage zugedeckt werden“, sagt er. Der Physikprofessor der TU Dresden weiß aber auch, wie schwer das ist.

Lesen Sie auch:

Dächer sind gewölbt oder verwinkelt, Fenster dürfen nicht verdunkelt werden. „Dadurch geht viel wertvolle Fläche verloren“, sagt Leo, einer der führenden Forscher im Bereich Solarzellentechnologie.

Die Vorschriften für Solaranlagen auf Neubauten verschärfen sich derzeit je nach Bundesland deutlich. Denn bis 2035 soll Deutschland vollständig mit Ökostrom versorgt werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht hierfür 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung im Jahr 2030 vor. Im Rahmen der Photovoltaik-Strategie des Bundeswirtschaftsministeriums muss sich der Ausbau daher von gut sieben Gigawatt im Jahr 2022 auf jährlich 22 Gigawatt verdreifachen. Ein Gigawatt entspricht knapp der Leistung eines Kernkraftwerks.

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es viel Fläche. Wissenschaftler haben neue Formen der Solaranlagen entwickelt, die dieses Problem lösen könnten: organische Solarzellen. Sie bestehen statt aus Silizium aus Kohlenwasserstoffverbindungen und sind dünn, leicht und biegsam. Das eröffnet immense Möglichkeiten.

Neue Verfahren steigern den Wirkungsgrad

Die flexiblen Zellen können nicht nur auf gewölbten Dächern, sondern auch auf Autokarosserien und selbst auf Flugzeugtragflächen aufgetragen werden. Deren Statik ist bislang zu schwach für herkömmliche Siliziummodule. Selbst in Glasfassaden und Fenstern können die neuen Solarzellen verbaut werden, denn sie absorbieren nur einen Teil des sichtbaren Lichts.

Laut dem US-Marktforscher Transparency Market Research betrug das Marktvolumen organischer Solarzellen 2020 noch 97 Millionen Dollar. Laut Prognose soll es 2031 bei 807 Millionen Dollar liegen. Im Vergleich zu anderen Zukunftstechnologien ist das ein relativ kleiner Betrag. Der könnte aber drastisch steigen, wenn der Wirkungsgrad der organischen Solarzellen zunimmt.

Dieser bislang niedrige Wirkungsgrad ist der Hauptgrund, weshalb die Zellen trotz ihrer Vorteile noch nicht in der Breite zum Einsatz kommen. Während bei herkömmlichen Siliziummodulen 20 Prozent der Sonnenenergie in Strom umgewandelt werden, sind es bei organischen Solarzellen gerade neun Prozent.

Das ändert sich allerdings. Wissenschaftler in Hongkong haben jetzt einen Wirkungsgrad von mehr als 19 Prozent erzielt. „Das Beispiel zeigt, was im Bereich organische Photovoltaik möglich ist“, sagt Carsten Deibel, Professor für Experimentalphysik an der TU Chemnitz. Die Erfolge seien das Resultat jahrzehntelanger Forschung auf der ganzen Welt. „Evolution statt Revolution“, nennt es Deibel.

Das Verfahren in Hongkong ist nahezu identisch mit der Technologie, die in Deutschland in der Praxis bereits zum Einsatz kommt. Die Forscher setzten lediglich „optimierte Materialien für Rekordeffizienzen im Labor“ ein, sagt Solarzellenexperte Leo. Auf diese Weise werden die Moleküle während der chemischen Reaktion geordneter gestapelt, was die Effizienz und Stabilität erhöht und zu besseren Wirkungsgraden führt.

Die Technologie könnte die Solarindustrie nach Deutschland zurückholen

Deutschland förderte früher als viele andere Länder die Solarindustrie. Mittlerweile kommen jedoch die größten Solaranbieter aus China. Die zusammengerechnete installierte Leistung durch Photovoltaikanlagen betrug laut Berechnungen des Politiknetzwerks Renewable Energy Policy Network im Jahr 2021 in China rund 309 Gigawatt – das entspricht einem Anteil von knapp 33 Prozent der weltweit installierten Leistung.

China liegt damit mit großem Abstand vor den USA (123 Gigawatt), Japan (78 Gigawatt), Indien (60 Gigawatt) und Deutschland (59 Gigawatt). In der Volksrepublik lassen sich die Solarzellen nicht nur preiswerter herstellen. Das Land verfügt auch über große Mengen Seltene Erden, die für die Herstellung herkömmlicher Solarzellen erforderlich sind… weiterlesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.