Wachstum in Nische mobiler Heizgeräte

Wachstum in Nische mobiler Heizgeräte

Mobile Heizgeräte auf Hängern oder in bis zu zwölf Meter langen Containern mit Heizleistungen von 21 bis 15.000 KW sind das Geschäft der H+R Anlagenbau GmbH & Co. KG in Bannewitz bei Dresden. Mit 35 Mitarbeitern rüsten die Sachsen von der Schall- und Wärmeisolierung bis zu Brenner und montierbarem Schornstein die Wärmequellen komplett aus, die zu 50 Prozent mit Heizöl, zu 35 Prozent mit Erdgas und zu 15 Prozent mit Biogas befeuert werden.
20 Hänger und 15 Container wurden 2022 auf diese Weise ausgebaut. Gut die Hälfte wird verkauft an Stadtwerke, Energieversorger oder Wohnungsbaugesellschaften, die die Anlagen meist an wechselnden Standorten betreiben, um etwa Wartungs- oder Reparaturphasen an ihren stationären Anlagen zu überbrücken.
Die anderen Heizer gehen in den firmeneigenen Mietpark, der kontinuierlich wächst und aktuell gut 200 Einheiten umfasst. Aus diesem Pool bedienen sich auch Heizungsbauer, die etwa Lieferlücken damit überbrücken; Eventagenturen, die Messe- oder Schaustellerzelte beheizen oder Versicherer, die Wasserschäden beheben müssen.
Nachfrage übersteigt Angebot
Geschäftsführer Rico Ryssel gibt einen Einblick in die Schwankungsbreite seiner Branche: „Nach dem Hochwasser im Ahrtal hätten wir hundertmal mehr Geräte vermieten können als wir haben.“ Aktuell boome das Geschäft mit Biogasanlagen, die in die USA verschifft werden. Hintergrund ist die Klimapolitik der US-Regierung. Zuletzt machte der „Heizmax“, wie er im Raum Dresden genannt wird, 5,5 Millionen Euro Umsatz. Im Schnitt legt das 1993 von Vater Steffen gegründete Unternehmen jährlich um 15 Prozent bei Umsatz und Ertrag zu.
Ryssel, der nach dem Abitur 2000 dual Betriebswirtschaft bei der Energieversorger,Winter,Wohnung,, einem kommunalen Energieversorger, studiert hat und 2003 in den väterlichen Betrieb eintrat: „Die Nachfrage übersteigt im Schnitt das Angebot um etwa ein Drittel.“ Die Herausforderung sei die Unberechenbarkeit der Nachfrage, die etwa von der Kälte des Winters oder der Anzahl diverser Schadensfälle abhängt. So ist der Mietpark im Winter zu 98 Prozent bei Kunden im Einsatz, im Sommer sinkt diese Quote oft auf unter 50 Prozent. Dann stehen bis zu 100 Einheiten am Stammsitz Bannewitz oder den Außenlagern Kreischa und Espenhain, wo sie gewartet und gereinigt werden.
Ähnlich verhält es sich mit den Auslandsanteilen, die zunehmend von politischen Rahmenbedingungen wie Verboten oder dem Brexit abhängen. Das Mietgeschäft, das die Hälfte des Umsatzes erzielt, findet nahezu komplett in Deutschland statt. Beim Verkauf geht dagegen 40 Prozent ins Ausland, davon die Hälfte innerhalb der EU. Hauptabnehmer sind Frankreich, England, die Schweiz oder zuletzt die USA.
Angefordert haben seine Heizmobile auch schon RB Leipzig oder Union Berlin, um im Winter ihre Rasen bespielbar zu halten; ein Getreidelagerbetreiber, der bei 65 Grad seinen Speicher von Keimen desinfizieren musste oder der Flughafen Köln während einer Umbauphase der Heizzentrale.
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Auf Druck der Versicherung muss auch schon mal ein Pharmaunternehmen zwei Großheizaggregate als Back-up anschaffen, um das Risiko eines Produktionsausfalls zu minimieren, falls die Erstversorgung versagen sollte. „Die Vielfalt der Einsätze und Anwendungen oft in Verbindung mit der Kurzfristigkeit macht unsere Jobs so abwechslungsreich,“ sagt der Chef. Größere Stückzahlen produziert sein Team allenfalls von dem vier Meter langen Humbaur-Hänger mit einer 150 kW-Anlage und 1500 Litern Heizöltank, der aktuell 40.000 Euro kostet. Dessen Heizleistung reicht, um 15 bis 20 Wohneinheiten mit Wärme zu versorgen. Generell haben die Heizgeräte Laufzeiten von 15 bis 20 Jahren. Im eigenen Mietpark werden die Heizer bereits nach fünf Jahren aussortiert und entweder übernimmt sie ein Mieter in seinen Bestand, ein Interessent hat sich vormerken lassen oder Ryssel versteigert einzelne Geräte auf Ebay.
Guter Kundenservice
Seine Begründung für das frühe Aussortieren: „Unsere Mietgeräte sind unsere Visitenkarte, mit der wir potentielle Käufer von unserer Leistungsfähigkeit überzeugen.“ Zu diesem Zeitpunkt erzielten die jungen Gebrauchten zudem noch gute Preise. Über den Mietpool könne er die Auslastung seiner Werkstatt mit den drei Hallen gut organisieren. Da im Neugeschäft vieles über öffentliche Ausschreibungen läuft, weiß der Inhaber, dass er ab zwei Megawatt Leistung oft nur einen Mitbewerber hat. Außerdem ist die H+R Anlagenbau für ihre Verlässlichkeit bekannt.
Unter den 20 Lieferanten finden sich deshalb nur Premiumhersteller wie Weishaupt, Viessmann oder Ygnis, Fernwartung via App auf dem Handy und komplexe Steuerung für individuelle Spezifika seien selbstverständlich.
„Auf Wunsch übernehmen wir auch das Heizölmanagement,“ sagt Ryssel, dem man anmerkt, dass er seinen Job und das Denken in Lösungen und Kundenservice liebt. Dann informiert er entweder den Mieter darüber, dass die Füllung zur Neige geht oder er übernimmt wie bei der Wartung über teils externe Partner auch das Tank Nachfüllen mit, „damit der Kunde den Kopf für wichtigere Themen frei hat.“
Viele Auftraggeber schätzen auch die Begehbarkeit seiner Heiz-Hänger und -Container. Das komme daher, dass er als Betreiber selbst von seinen Monteuren weiß, dass Komfort wichtig ist. Die Folge: In der manufakturartigen Werkstatt werden Rohre so verschweißt und verlegt und Komponenten angeordnet, dass einerseits auf den Hängern und in den Containern Fläche gespart wird und andererseits die Erreichbarkeit aller Bereiche gewährleistet ist.
Neben sechs kaufmännischen Mitarbeitern beschäftigen die Bannewitzer Elektriker, Mechatroniker, Schweißer, Rohrbauer, Anlagenmechaniker und Metallbauer. Noch seien alle Stellen, für die er auf Facebook, Ebay, seinen Fahrzeugen, am Gebäude und in der Zeitung wirbt, besetzt. Und die Mitarbeiter bestimmen ihre Arbeitszeiten und Wochenstunden selbst. Ryssel: „Die einen wollen mehr Geld und die anderen mehr Freizeit.“ Entscheidend sei, dass die Mitarbeiter Abwechslung lieben, „denn eintönig wird es hier nie.“
Leonhard Fromm