Wer für den Naturschutz weltweit zahlt

Wer für den Naturschutz weltweit zahlt
Foto: Pixabay CC/PublicDomain

Wer für den Naturschutz weltweit zahlt

tagesschau.de: Wie kann der Schutz der Artenvielfalt weltweit gelingen? Vor allem an der Frage der finanziellen Unterstützung ärmerer Länder ist der Weltnaturgipfel in Cali im Oktober gescheitert. Jetzt soll das Abkommen zu Ende verhandelt werden.

Die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten und der Ökosysteme geht weltweit rasant zurück. Wälder werden gerodet oder Feuchtgebiete trockengelegt, um zum Beispiel Futtermittel anzubauen oder für den Bau von Straßen und Städten. Überfischung, Umweltverschmutzung und der Klimawandel tun ihr Übriges.

Damit sind auch die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen in Gefahr, und auch die Erderwärmung wird zusätzlich angeheizt. 2022 wurden bei der UN-Biodiversitätskonferenz in Montreal ehrgeizige Ziele beschlossen, wie dieses Artensterben bis zum Jahr 2030 gestoppt werden soll. Die Folgekonferenz im vergangenen Oktober im kolumbianischen Cali sollte Details zur Umsetzung klären.

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Wichtige Einigungen gab es dabei zum Bespiel, um den Schutz von Klima und Biodiversität besser zu verbinden oder die Rechte Indigener beim Naturschutz zu stärken. Doch in der entscheidenden Frage – nämlich wie das alles finanziert werden soll – gab es trotz Verhandlungsmarathon am Ende keine Einigung. Als eine Reihe von Delegationen schon abreisen musste, wurde der Gipfel mangels Beschlussfähigkeit abgebrochen.

Ärmere Länder oft ohne Mittel für Naturschutz

Doch ein Scheitern ist in den Statuten des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) nicht vorgesehen. Ab heute wird der Gipfel deshalb in Teil zwei fortgesetzt. Dabei geht es um die Finanzierung ganz unterschiedlicher Maßnahmen, um das Artensterben weltweit zu stoppen: Regenwälder in Südamerika vor Brandrodung zu schützen zum Beispiel, ohne dabei die Rechte indigener Völker außer Acht zu lassen.

Oder Mangrovenwälder in Pakistan wieder aufzuforsten, um Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen, die Küste vor Erosion zu schützen und dabei CO2 zu speichern. Oder auch fischreiche Küstengewässer im Atlantik vor Westafrika unter Schutz zu stellen und vor Überfischung zu bewahren.

Solche Maßnahmen kosten Geld, das diese Länder meist nicht haben. Denn sie haben wirtschaftliche, soziale – und mit der Klimaanpassung noch ganz andere – Aufgaben zu bewältigen. Und genau an dieser Frage, wie und mit welchen Geldern die Weltgemeinschaft solche Projekte fördern will, ist die UN-Biodiversitätskonferenz COP16 im Herbst gescheitert. Jetzt soll in Rom, am Sitz der UN-Welternährungsorganisation, drei Tage lang noch einmal verhandelt werden.

Wie kann die Finanzierung funktionieren?

Die Fronten sind verhärtet: Das eine Problem ist, die versprochenen Gelder auch wirklich zusammenzubekommen. Auf 200 Milliarden Dollar sollen bis 2030 die Summen steigen, die jährlich weltweit für die Biodiversität ausgegeben werden – 30 Milliarden sollen von Industriestaaten kommen. Das ist viel weniger, als weltweit für Klimaschutz ausgegeben wird. Trotzdem wird es schwierig zu gewährleisten, dass die Gelder auch tatsächlich fließen.

Das andere Problem ist: Eine Allianz von Ländern des globalen Süden will mehr Einfluss auf die Verteilung der Gelder. Deshalb bestehen sie darauf, dass dafür ein neuer Fonds aufgesetzt wird. Bisher werden die Gelder über die sogenannte Globale Umweltfazilität („Global Environmental Facility“ – kurz GEF) verwaltet. Sie verteilt auch Gelder für den Klimaschutz und steht von ihrer Struktur her mehr unter dem Einfluss der westlichen Industriestaaten.

Deutschland in Vermittlerrolle

Deutschland ist ein Hauptgeldgeber für die internationale Biodiversitätsfinanzierung und könnte laut Nichtregierungsorganisationen eine Vermittlerrolle einnehmen. In Rom wird die deutsche Delegation politisch von Jan-Niclas Gesenhues geführt, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Er sieht keine Notwendigkeit für einen neuen Fonds: „Wir haben ausreichend internationale Fonds und Instrumente. Ich glaube, dass uns das nicht weiterbringt, immer nur neue Strukturdebatten zu führen“, sagt Gesenhues.

Wichtiger sei es, dass die zugesagten Finanzen tatsächlich zur Verfügung gestellt würden. Deutschland stehe zu seinen Finanzzusagen, doch auch andere Staaten müssten ihre Zusagen einhalten. Immerhin hatte Kanzler Olaf Scholz ursprünglich 1,5 Milliarden Euro für internationale Biodiversitätsfinanzierung ab 2025 versprochen. Allerdings dürfte die Frage sein, wie eine neue Bundesregierung mit dieser Zusage umgeht.

Private Gelder für die Biodiversität hebeln

Doch auch private Gelder sollen mobilisiert werden. Die Denkfabrik „The Common Initative“ aus New York tritt dafür ein, Biodiversität mehr in Wirtschaft und Finanzmärkten zu berücksichtigen.

Co-Gründer Oscar Soria meint, es werde übersehen, dass selbst ursprünglich zögerliche Industrien wie die Land- und Forstwirtschaft oder die Fischerei inzwischen erkannt hätten, dass Biodiversität entscheidend für ihr Überleben ist. Die Politik müsse diese Kräfte des Marktes fördern, um das Potenzial voll auszuschöpfen. „Damit wir einen ordentlichen Mix aus öffentlichen und privaten Geldern bekommen. Das ist der Weg voran“, sagt Soria.

Lösung des Konflikts in Rom?

Florian Titze, Experte für Biodiversitätspolitik beim WWF Deutschland, geht nicht davon aus, dass es in Rom eine finale Lösung im Streit um die Finanzierung geben wird. Es brauche aber zumindest einen Beschluss, der das Vertrauen zwischen den Staaten wiederherstellt und den Plan beschreibt, wie es mit der Finanzierung weitergeht, sodass gleichzeitig die Umsetzung der Artenschutzziele starten kann… weiterlesen

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