Balkonkraftwerke: Bürokratie-Hemmnisse abgebaut

Balkonkraftwerke: Bürokratie-Hemmnisse abgebaut
Foto: Wikimedia 4.0 CC/Triple C85

Balkonkraftwerke: Bürokratie-Hemmnisse abgebaut

Deutschland gibt dieses Jahr Vollgas bei der Umsetzung der Energiewende. Der Bruttostromverbrauch soll bis zum Jahre 2030 zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern generiert werden. Bis 2045 ist Klimaneutralität vorgesehen. Dafür hat die Bundesregierung mit dem Solarpaket 1 ein Gesetz eingebracht, das die flächenmäßige Ausbreitung der Technologie so schnell wie möglich gewährleisten soll.

Eigentlich sollte das Gesetzesvorhaben schon zu Anfang des Jahres verabschiedet werden. Durch den hohen Diskussionsbedarf im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt kam es zu Verzögerungen. Daher wurde die entscheidende Sitzung im Bundestag auf den 22. März 2024 verschoben. Die Zustimmung des Bundestages gilt dabei als sicher. Das Gesetz enthält zahlreiche Punkte, die den Betrieb von Balkonkraftwerken entscheidend vereinfachen. Welche Lockerungen sind zu erwarten?

Was genau ist ein Balkonkraftwerk?

Eine Mini-PV-Anlage wie das Balkonkraftwerk Komplettset von Greensolar wird steckerfertig geliefert. Sie besteht aus mehreren PV-Modulen aus Silizium sowie einem Wechselrichter. Außerdem enthält der Lieferumfang alle notwendigen Kabel und Stecker sowie ein Befestigungssystem. Wie herkömmliche Aufdachanlagen produzieren die Module aus der Strahlung der Sonne Gleichstrom. Bifazialen Modulen modernsten Standards gelingt dies sogar beidseitig, wodurch sich der Ertrag nochmals erhöhen lässt.

Der Wechselrichter wandelt die ankommende Energie in Wechselstrom um, mit dem Elektrogeräte wie Waschmaschine, Trockner, Fernseher und Computer angetrieben werden. Obendrein besitzt er eine Regelfunktion, sodass Überlastungen und Kurzschlüsse so gut wie ausgeschlossen sind.

Wie wird ein Balkonkraftwerk installiert?

Um ein Balkonkraftwerk aufzubauen und anzuschließen, bedarf es keines Fachbetriebs. Zuerst muss die Halterung zusammengesetzt und verschraubt werden. Danach werden die restlichen Komponenten nach den Angaben des Herstellers ineinander gesteckt und am Haltesystem befestigt.

Zum Schluss wird die Anlage mit einem Kabel an die nächste Steckdose angeschlossen. Der produzierte Strom wird ins Hausnetz eingespeist und bevorzugt verbraucht. Im Resultat läuft der Stromzähler langsamer und die Rechnung am Monatsende fällt niedriger aus. Wer den in Eigenregie produzierten Strom auch nachts nutzen möchte, kann die Anlage um ein Speichersystem erweitern.

Wann lohnt sich eine Stecker-Solaranlage?

Ein Balkonkraftwerk lohnt sich eigentlich immer. Zum einen lässt sich der eigene ökologische Fußabdruck reduzieren, indem nachhaltiger und sauberer Strom produziert wird. Zum anderen sind mit dem Betrieb wirtschaftliche Vorteile verbunden. Bei sachgemäßer Anbringung und intelligenter Nutzung lassen sich bis zu 40 Prozent des Eigenbedarfs an Strom nachhaltig generieren.

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Dabei lässt sich die exakte geldwerte Ersparnis nicht allgemeingültig beziffern, da diese abhängig von der Dimensionierung und vom Standort ist. Ein Balkonkraftwerk kostet je nach Ausführung zwischen 500 und 1.500 Euro. Je mehr investiert wird, desto mehr Strom kann produziert werden. Verlässliche Erfahrungswerte lassen darauf schließen, dass die Investition sich innerhalb von drei Jahren amortisiert. Danach wird der Strom über Jahrzehnte kostenlos generiert, ohne dass der Verbrauch die Stromrechnung belastet.

Wo lässt sich ein Balkonkraftwerk installieren?

Ein Balkonkraftwerk ist vornehmlich dazu gedacht, am Balkongeländer festgeschraubt zu werden. Dadurch profitieren Millionen Mieter und Besitzer von Eigentumswohnungen direkt von der sauberen Stromproduktion. Inzwischen jedoch haben Hersteller wie Greensolar zahlreiche andere Befestigungssysteme entwickelt. Diese ermöglichen es, eine Stecker-Solaranlage auch an der Hausfassade, am Gartenzaun, auf der Veranda-Überdachung oder auf dem Carport zu installieren. Wichtig dabei ist es, den Standort mit der meisten Sonneneinstrahlung zu lokalisieren.

Wie wird der beste Standort ermittelt?

Bei der Installation einer Mini-PV-Anlage ist neben der adäquaten Dimensionierung der optimale Standort der ausschlaggebende Parameter für einen hohen Ertrag. Dabei sind einige Aspekte zu berücksichtigen:

  • Der beste Ertrag wird erzielt, wenn die Module nach Süden ausgerichtet sind und mit einem Neigungswinkel von 35 Grad aufgestellt werden.
  • Verschattungen von Bäumen, Hauswänden und Satellitenschüsseln sind zu vermeiden, weil sonst die Produktion erheblich eingeschränkt wird.
  • Wechselrichter, Kabel, Steckdose und Solarbatterie sollten vor Feuchtigkeit geschützt werden. Direkte Sonneneinstrahlung ist zu vermeiden.
Welche Verbesserungen für Balkonkraftwerke sind mit dem neuen Gesetz verbunden?

Schon im letzten Jahr zog der Verkauf von Balkonkraftwerken kräftig an. Es wurden etwa eine Viertelmillion Anlagen in Betrieb genommen. Im Hinblick auf die Millionen Bewohner von Etagenwohnungen ist diese Anzahl jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es wird erwartet, dass mit Solarpaket 1 der Absatz weiter kräftig angeheizt wird.

Bereits Anfang 2023 wurden erste Maßnahmen getroffen, um die Verbreitung von PV in Deutschland zu fördern. So wurde die Mehrwertsteuer auf alle PV-Produkte und der damit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen abgeschafft. Das bedeutet, dass sich für den Endverbraucher der Kaufpreis jeder Anlage von einem auf den anderen Tag um 19 Prozent reduziert hat. Das nun zu verabschiedende Gesetz umfasst die nachfolgend aufgeführten Lockerungen.

Anhebung der Nennleistung

Die erlaubte Einspeisung ins Hausnetz wird von 600 auf 800 Watt Nennleistung erhöht. Dieser Wert entspricht dem gültigen Standard der Europäischen Union. Auch die erlaubte Modulleistung wird auf 2.000 Watt heraufgesetzt.

Es ist bei PV-Anlagen sinnvoll, die Modulleistung höher zu dimensionieren als die Nennleistung. Dann kann auch bei schlechten Witterungsbedingungen eine hohe Nennleistung erreicht werden. Eine Überlastung des Hausnetzes ist ausgeschlossen, da der Wechselrichter die Einspeisung bei 600 (800) Watt abriegelt.

Vereinfachung bei der Anmeldung

Bisher muss ein Balkonkraftwerk doppelt registriert werden, und zwar im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur und beim örtlichen Netzbetreiber. Zukünftig entfällt letztere Anmeldung. Die Bundesnetzagentur hat zudem ihr Anmeldeverfahren stark vereinfacht, sodass eine online vorgenommene Registrierung nur einige wenige Minuten in Anspruch nimmt.

Zählertausch bis auf Weiteres verschoben

Bisher gilt die Vorgabe, dass ein Balkonkraftwerk nur mit einem Stromzähler mit Rücklaufsperre in Betrieb genommen werden darf. Alte, rückwärts laufende Ferraris-Zähler müssen vom Netzbetreiber auf dessen Kosten ausgetauscht werden. Um die damit verbundenen Verzögerungen zu vermeiden, wird diese Regelung bis auf Weiteres ausgesetzt.

Stärkung der Rechte von Mietern

Mini-PV-Anlagen werden in die Kataloge für privilegierte Baumaßnahmen aufgenommen. Das bedeutet, dass sowohl der Vermieter als auch die Eigentümergemeinschaft die Installation nicht mehr untersagen können.

Balkonkraftwerk nicht mehr als Bauprodukt klassifiziert

Diese Maßnahme bringt es mit sich, dass Module mit Verglasung auch in einer Höhe von über vier Metern installiert werden können. Zudem dürfen die Paneele eines Balkonkraftwerks künftig mehr als zwei Quadratmeter Fläche beanspruchen.

Anschluss mit Schuko-Stecker erlaubt

Lange Zeit bestand der Verband für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e. V. (VDE) darauf, dass eine Mini-PV-Anlage nur mithilfe einer teuren Wieland-Steckdose angeschlossen werden darf, die von einem Fachbetrieb eingebaut werden muss. In Zukunft ist eine einfache Schuko Steckdose ausreichend.

Balkonkraftwerk wird als Einzelanlage eingestuft

Diese Lockerung betrifft Verbraucher, die schon im Besitz einer funktionierenden Dachanlage sind und ihren Ertrag über ein Balkonkraftwerk erhöhen möchten. Bis heute wurde dieser Vorgang als Erweiterung der schon bestehenden Anlage angesehen, was aufwendige Genehmigungsverfahren nach sich zieht. Künftig zählt ein Balkonkraftwerk als separate Anlage, die problemlos ohne bürokratischen Aufwand installiert werden darf.

Coco

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