E-Autos: Für die Extraportion Reichweite

E-Autos: Für die Extraportion Reichweite
Foto: Pixabay CC/PublicDomain

E-Autos: Für die Extraportion Reichweite

zeit.de: Die Schwachstelle von E-Autos ist die Langstrecke. Ein deutsches Start-up arbeitet daran, dem Wagen Extraschub für mehr Kilometer zu geben: per Wasserstoffhilfsmotor.

Der Škoda Enyaq ist ein komfortables Reiseauto, vorausgesetzt man fährt nicht allzu weite Strecken. Wie bei allen Elektroautos sind dem SUV Grenzen bei der Reichweite gesetzt. Um das zu ändern, hat ein Start-up aus Berlin-Brandenburg dem Škoda ein recht ungewöhnliches Hilfsmittel implantiert. Zur Demonstration öffnet Christoph Fiala die Motorhaube: Zum Vorschein kommt eine Brennstoffzelle, die dem E-Antrieb quasi als Hilfsmotor aufgepflanzt wurde. H2-Power-Box heißt die Erfindung. „Damit lässt sich die Reichweite von Elektroautos um bis zu 30 Prozent, im Winter sogar um 50 Prozent vergrößern“, sagt Fiala.

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Der Maschinenbauingenieur ist Geschäftsführer von H2 Power ’n‘ Heat mit Sitz in Potsdam. Das Start-up tüftelt an einer Technologie, die in der Autoindustrie eigentlich schon als tot gilt, zumindest für Pkw. Zwar ist der Brennstoffzellenantrieb sauber, weil aus dem Auspuff nur Wasser kommt und kein Abgas. Doch in der Herstellung des dafür nötigen Wasserstoffs geht viel Energie verloren. Elektroautos sind weitaus effizienter, weil sie den erzeugten Strom direkt in den Motor speisen und nicht über Umwege wie bei der Brennstoffzelle. Der Volkswagen-Konzern, aber auch andere große Hersteller, haben Wasserstoff für Pkw deshalb abgeschrieben.

Nicht so die Tüftler im alten AEG-Werk in Berlin-Gesundbrunnen. Der Standort der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft war vor über 100 Jahren eine Keimzelle der deutschen Elektroindustrie. Jetzt forscht hier H2 Power ’n‘ Heat in einer der historischen Werkshallen daran, wie sie Elektroautos zu hohen Reichweiten verhelfen können.

Extraenergie für Heizung und Beleuchtung

Aktuell müssen die meisten E-Autos schon nach 350 bis 400 Kilometern an die Ladesäule. Zwar schaffen manche 500 Kilometer und mehr. Doch das erfordert leistungsstärkere Batterien, und das macht die Fahrzeuge groß und schwer und schwächt die Effizienz. Zudem werden für große Akkus mehr knappe Rohstoffe wie Lithium und Kobalt benötigt. Und die Herstellung großer E-Autos braucht besonders viel Energie.

Das Erprobungsfahrzeug von Christoph Fiala und seinem Team wiegt auch ohne Hilfsmotor über zwei Tonnen. Gut 500 Kilometer weit soll der Škoda Enyaq laut Hersteller kommen. Aber in der Praxis seien bei einem Durchschnittsverbrauch von 21 Kilowattstunden vielleicht 350 Kilometer realistisch, sagt Fiala. Winterbetrieb setzt Elektroautos besonders zu: Bei kalter Witterung maßen Fiala und Kollegen beim Enyaq 33 Kilowattstunden Verbrauch. Davon waren allein elf Kilowattstunden nötig, um den Innenraum warmzuhalten, etwa für Scheiben- oder Sitzheizung.

Hier setzt die H2-Power-Box an. Die Brennstoffzelle erzeugt bis zu 50 Prozent zusätzliche Energie, mit der etwa die Heizung oder die Beleuchtung betrieben werden. Dadurch sinkt der Gesamtverbrauch, und die Reichweite des Fahrzeugs steigt.

Dafür muss der Škoda Enyaq zwischendurch nicht einmal an die Tankstelle fahren: Der grüne Wasserstoff kommt aus einer Metallflasche, die im Kofferraum verstaut wird. Eine Füllung soll für 400 bis 500 Kilometer Fahrt ausreichen. Danach wird die Flasche gegen eine neue ausgetauscht. Üblicherweise wird Wasserstoff bei minus 253 Grad verflüssigt oder unter extremem Druck gelagert. H2 Power ’n‘ Heat wählt einen dritten Weg, bei dem der Wasserstoff mit einem Metall verbunden wird. Den Wasserstoff bezieht das Start-up nach eigenen Angaben von Windkraftanlagen aus der Region.

Wasserstoff könnte sich doch noch etablieren

Hat Wasserstoff also doch noch eine Zukunft, um den Verkehr klimafreundlicher zu machen? Davon ist auch Christopher Severin überzeugt. Er forscht an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin an alternativen Antrieben und glaubt daran, dass sich die Brennstoffzelle langfristig neben dem Elektroantrieb etablieren wird – primär bei Lkw, aber auch für Pkw.

Zwar seien batterieelektrische Antriebe effizienter. Doch wenn der Strom für die Erzeugung des Ökokraftstoffs aus windreichen Regionen wie Chile oder sonnenreichen Gegenden wie Nordafrika komme, verliere die Effizienz an Bedeutung, erklärt Severin: Wenn Strom im Überfluss da sei, werde er so günstig, dass sich auch die relativ aufwendige Erzeugung von Wasserstoff lohne.

Den Ansatz von H2 Power ’n‘ Heat, Wasserstoff als Reichweitenverlängerer für E-Autos zu nutzen, hält der Forscher für sinnvoll. Man müsse seltener aufladen, und das könne auch die Lebensdauer der Batterie verlängern. Trotzdem sieht Severin in dem H2-Range-Extender eher eine „Nischenanwendung“ – auch weil die Batterieforschung ständig Fortschritte mache und immer größere Reichweiten ermögliche.

3.500 Euro für 150 Kilometer mehr Reichweite

Für seinen Wasserstoff-Range-Extender beziffert H2 Power ’n‘ Heat die Kosten auf derzeit 45 Cent pro Kilowattstunde. Dennoch soll sich das System schon jetzt rentieren, weil der Gesamtverbrauch des E-Autos durch die nachträglich eingebaute Brennstoffzelle sinkt und der Nutzer seltener an die Ladesäule fahren muss… weiterelesen

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