„Kampf mit den Elementen entgegen steuern“
„Kampf mit den Elementen entgegen steuern“
Landwirtschaft 4.0: DasBerliner Start-up Lite&Fog lässt Pflanzen optimal wachsen. Unabhängig von den Elementen der Natur – und vor allem von den Auswirkungen des Klimawandels wie Extremwetter – wollen Martin und Uwe Peter mit Hilfe moderner Technologie den Anbau von Pflanzen aller Art revolutionieren. Im Gespräch mit globalmagazin erläutert Martin Peter das Vorhaben. Er studierte Physik und Kunst, bevor er sich intensiv dem urbanen Gartenbau und modernen Technologien in der Landwirtschaft widmete. 2019 gründete er zusammen mit seinem Vater Lite&Fog.
Was hat Ihre Art der Indoor-Landwirtschaft noch mit der bisher bekannten Lebensmittelproduktion gemein?
Martin Peter: Es handelt sich um die gleichen Pflanzen, sie werden bei uns nicht verändert, lediglich die Bedingungen für das Wachstum werden optimiert. Wie in der bekannten Lebensmittelproduktion versorgen auch wir die Pflanzen mit allen Nährstoffen die Sie brauchen, setzen Technik ein, dort wo sie nötig ist und versuchen durch eine Kultivierung der Anbaumethoden die Ernte so gut es geht zu verbessern…
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Was genau machen Sie dabei anders?
Wir brauchen dabei viel weniger Wasser, keinerlei Pestizide oder Fungizide, sind wetterunabhängig und damit auch nicht Starkwetterphänomenen ausgesetzt. Außerdem ist alles – je nach Standort – immer regional und das ganze Jahr über anbaubar.
Ist die Abkoppelung von der Natur (die Sie damit ja weiter treiben) im Sinne der Evolution oder entstammt sie doch einer sehr Technik-affinen Denkart?
Das Abkoppeln von der Natur, die im Grunde ja schon mit dem Einsetzen des Ackerbaus begann, steckt ja im Grunde in jeder menschlich-technischen Evolution – z. B. auch in der Medizin. Wenn Sie also einen Sinn hinter der Evolution vermuten, und der wäre, die Menschheit voranzubringen und den Planeten wieder gesunden zu lassen – dann ist das ein klares „Ja“ von mir…
Aber?
Gerade jetzt ist es immer noch, oder immer mehr nötig unsere Abhängigkeiten von Naturphänomenen, die uns Menschen mit wachsender Bevölkerung, voranschreitenden Klimawandel und der Austrocknung unserer Böden schon lange Kopfschmerzen bereiten, ein Ende zu setzen. Noch wichtiger scheint es uns, unseren bisherigen „Kampf“ mit den Elementen durch Grundwasserentnahme, massivem Gifteinsatz und Landraubbau etwas entgegen zu setzen.
Und das machen Sie wie?
Wir können Landwirtschaft unabhängig machen und aufhören unseren Bedarf auf dem Rücken der Natur zu sichern. Mutter Natur braucht eine Pause. Was wir machen, ist also ganz klar weiterhin LandWIRTSCHAFT – die ja immer menschengemacht ist – aber nachhaltig.
Könnte ich mir einen solchen Wachstumsschrank, wie Sie ihn nutzen, auch Zuhause aufstellen und Eigenanbau betreiben?
Theoretisch ist das möglich. Wir haben so eine kleine Variante unserer „Growth Chamber“ bei uns im „Büro“ in Marzahn. Für die Forschung ist das super. Für den Hausgebrauch eher nicht.
Sie beschreiben Ihre Anbauart (noch) im Konjunktiv: Wann ist es soweit und Sie können“großflächig“ ernten?
Aktuell planen wir eine erste große Anlage und suchen hierfür noch die richtigen Partner. Wir wollen hier schnellstmöglich den Beweis antreten, dass all das, was wir im Kleinen schon sehen im Großen wirklich funktioniert und die Lebensmittelproduktion revolutionieren wird. Wir selber wollen dabei aber nicht Lebensmittelproduzenten werden, da wünschen wir uns einen Profi, der das schon lange macht und jetzt mit uns die Zukunft der Landwirtschaft einläutet. Im Moment laufen die ersten forschungsrelevanten Projekte in Großbritannien und Israel an – hier geht es vor allem um den großangelegten Anbau von Pflanzen als Träger von Proteinen.
Kern-Fage: Verbessert der Lite&Fog-Anbau auch die Qualität der Lebensmittel und wie wird er sich preislich zu bisher praktizierten Anbaumethoden verhalten?
Ein klares Ja! Denn jede Pflanze bekommt ihre ganz eigenen Wachstumsbedingungen. Licht, Wassermenge, Nährstoffmenge – all diese Faktoren können optimiert werden, so wird Basilikum ölhaltiger, Erdbeeren werden süßer, sogar die Wurzeln der Pflanzen können als Lebensmittel verwendet werden, sie sind schneeweiß, weil noch nie mit Erde in Kontakt gekommen – und leicht zu ernten. Außerdem läuft alles absolut schadstofffrei, ohne Pestizide oder Fungizide und ohne Hagelschäden oder Ähnliches. Preislich wird sich das im Laufe der Zeit entwickeln. Kopfsalat lohnt sich sicherlich noch nicht, Erdbeeren dafür schon. Mit zunehmender Größe der Anlagen, wird der Kilopreis der Erzeugnisse sinken. Kostenfaktor Nummer eins ist aktuell die momentan teure Energie, aber auch da arbeiten wir an einer sehr zukunftsweisenden Technologie!
pit