Öffentliche Exposition gegenüber Bisphenol A

EEA untersucht die öffentliche Exposition gegenüber Bisphenol A
Die Verwendung der synthetischen Chemikalie Bisphenol A (BPA), die in vielen Lebensmittelbehältern aus Kunststoff und Metall sowie in anderen Konsumgütern verwendet wird, und die Exposition der Bevölkerung gegenüber dieser Chemikalie gibt vielen Menschen in Europa zunehmend Anlass zur Sorge. Im EEA-Interview mit Magnus Løfstedt, EEA-Experte für Chemikalien, Umwelt und Gesundheit, wird das kürzlich veröffentlichte EEA-Briefing zu den von Bisphenol A ausgehenden Risiken besprochen.
Warum sollten wir uns Sorgen um Bisphenol A machen? Wie stellt es eine Gefahr für unsere Gesundheit dar?

EEA-Experte für Chemikalien, Umwelt und Gesundheit
Es ist schon lange bekannt, dass Bisphenol A das menschliche Östrogen nachahmen und als endokriner Disruptor wirken kann. Dies ist besorgniserregend, da es unsere Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Eine Exposition während der Schwangerschaft kann auch die Entwicklung des ungeborenen Kindes stören, da die fetale Lebensphase besonders empfindlich für die Exposition gegenüber endokrin wirkenden Substanzen ist.
Darüber hinaus zeigen neuere Erkenntnisse, dass Bisphenol A auch unser Immunsystem beeinflussen kann. Die Exposition kann zu einer Zunahme bestimmter Immunzellen führen, was zur Entwicklung von Autoimmunerkrankungen wie Asthma führen kann.
Wie sieht die breitere Auswirkung auf die Umwelt aus?
Bisphenol A kann auch in der Tierwelt als endokriner Disruptor wirken. Alle Wirbeltiere verfügen über Östrogenrezeptoren und können potenziell von der östrogenähnlichen Funktion von Bisphenol A betroffen sein. Diese Effekte sind jedoch am besten für Fische bekannt, bei denen mehrere Studien die endokrinen Störeffekte der Substanz dokumentiert haben.
Positiv ist zu vermerken, dass Bisphenol A unter den meisten Umweltbedingungen weder als persistent noch als in lebenden Organismen in signifikantem Maße bioakkumulierend betrachtet wird. Das bedeutet, dass es aus der Umwelt schnell verschwinden wird, wenn Freisetzungen gestoppt werden.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse des EEA-Briefings?
Das EEA-Briefing präsentiert die neuesten Informationen zur menschlichen Exposition gegenüber Bisphenol A und berücksichtigt dabei das kürzlich abgeschlossene EU-geförderte Forschungsprojekt zur Human-Biomonitoring (HBM4EU).
Das Briefing zeigt, dass Menschen in Europa besorgniserregend hohe Konzentrationen von Bisphenol A ausgesetzt sind. Das Briefing basiert auf gemessenen Konzentrationen von Bisphenol A im Urin von 2.756 Menschen aus 11 europäischen Ländern. Mindestens 92% der Teilnehmer hatten eine Konzentration von Bisphenol A im Urin, die den als sicher geltenden Grenzwert überschreitet.
Können Sie etwas über die Forschung erzählen, die von HBM4EU zu Bisphenol A durchgeführt wurde?
Das Human-Biomonitoring liefert uns Informationen über die tatsächliche Exposition gegenüber einer chemischen Substanz aus allen verschiedenen Quellen. Dies steht im Gegensatz zu den traditionellen Risikobewertungen, die normalerweise auf modellierten Expositionsdaten basieren.
Die Urinproben für Bisphenol A wurden zwischen 2014 und 2020 gesammelt. Während die neuesten Proben aus dem Jahr 2020 immer noch den Richtwert überschreiten, deutet sich ein Trend zur Abnahme der BPA-Konzentrationen im Urin an. Die neue EU Horizon Europe Partnerschaft zur Bewertung von Risiken durch Chemikalien (PARC) hat Bisphenole als prioritäre Substanzen für weitere Human-Biomonitoring-Studien an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aufgenommen. In den kommenden Jahren wird dies weitere Daten zur Vorkommen von BPA und anderen Bisphenolen in Europa liefern.
Was unternimmt die EU, um Gesundheitsbedenken hinsichtlich Bisphenol A anzugehen?
Es ist seit einiger Zeit bekannt, dass Bisphenol A die Fruchtbarkeit schädigen und das Hormonsystem stören kann. Dies ist der Grund, warum in der EU bereits eine Vielzahl verschiedener Beschränkungen eingeführt wurden, wie ein Verbot in Babyflaschen und in Thermopapier.
Aber wir wissen jetzt, dass BPA noch giftiger ist als bisher angenommen, da der sichere Grenzwert in der neuesten Bewertung der EFSA um das 20.000-fache gesenkt wurde. Die Europäische Kommission bereitet derzeit einen Vorschlag für ein Verbot von Bisphenol A und anderen Bisphenolen in Lebensmittelkontaktmaterialien vor.
Welche anderen Chemikalien sollten uns beunruhigen?
Die Europäische Union verfügt über die umfassendsten und am besten schützenden Chemikaliengesetze der Welt. Das System ist jedoch nicht unfehlbar. Unser Verständnis davon, wie chemische Substanzen auf verschiedene Weisen unseren Körper beeinflussen können, entwickelt sich ständig weiter. Das bedeutet, dass das Regulierungssystem kontinuierlich die Entwicklungen in der Wissenschaft verfolgen muss, um den bestmöglichen Schutz sicherzustellen.
Im Rahmen des Europäischen Green Deals hat die Europäische Kommission eine Reihe von Initiativen angekündigt, um das System weiter zu verbessern. Eine dieser Initiativen ist die Entwicklung eines EU-Frühwarnsystems für chemische Risiken, um die Geschwindigkeit zu erhöhen, mit der Warnungen aus wissenschaftlicher Forschung für das Risikomanagement genutzt werden.
Das Interview wurde in der September-Ausgabe des EEA-Newsletters, Nr. 03/2023, veröffentlicht.
red