Sinn und Unsinn der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre
Sinn und Unsinn der CO2-Entnahme aus der Luft
spiegel.de: Macht es fürs Klima einen Unterschied, ob man eine Tonne CO₂ komplett einspart – oder ob man sie zwar ausstößt, aber später wieder aus der Luft holt? Eine neue Studie liefert Antworten.
Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 – das ist das neue Ziel der Bundesregierung. Dafür müssen die Emissionen in allen Sektoren der Wirtschaft und im Verkehr ebenso sinken wie die der Privathaushalte. Über die konkreten Maßnahmen wird spätestens nach der Bundestagswahl erbittert gestritten werden. Neben der Vermeidung von Treibhausgasen könne auch das aktive Entfernen von CO₂ aus der Atmosphäre einen Beitrag leisten. Das betrifft vor allem Emissionen, die nicht verhindert werden können, etwa aus dem Flugverkehr.
CO₂ aktiv aus der Luft entfernen, dafür gibt es eine ganze Menge Ideen:
- die direkte Entnahme von CO₂ aus der Luft und Speicherung im Boden,
- massive Aufforstungsprogramme oder
- das Ausbringen bestimmter fein gemahlener Gesteine etwa auf landwirtschaftlichen Flächen.
- Dazu kommt »Bio Energy with Carbon Capture and Storage«, kurz BECCS. Dabei werden Pflanzen auf riesigen Äckern angebaut und später in Kraftwerken verbrannt. Das entstehende CO₂ wird aufgefangen und im Untergrund gespeichert.
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Bereits jetzt können die meisten Szenarien nur mithilfe von solchen negativen Emissionen erreicht werden. Das betrifft sowohl das 1,5-Grad-Ziel des Klimavertrags von Paris als auch viele der Szenarien, die den Weg skizzieren, zumindest das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Manchmal scheint der Verweis auf technische Lösungen zum Entfernen von Kohlendioxid aus der Atmosphäre aber auch Gegnern einer radikaleren Klimapolitik als Argument für ein Weiter-so zu dienen.
Gibt es beim Klimaschutz nun aber einen Unterschied zwischen einer Tonne CO₂, die eingespart wird und daher gar nicht entsteht, im Vergleich zu einer, die zwar früher einmal ausgestoßen, aber später dann mit technischen Hilfsmitteln wieder aus der Luft entfernt wurde? Eine aktuelle Studie eines Teams um Kirsten Zickfeld von der Simon Fraser University im kanadischen Burnaby, veröffentlicht im Fachmagazin »Nature Climate Change«, legt das zumindest nahe, auch wenn einige Fragen offenbleiben.
Die Forscherinnen und Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre einen weniger starken Effekt auf das Fortschreiten des Klimawandels haben könnte als die Vermeidung von Emissionen. Für seine Arbeit hat das Team ein Computermodell genutzt und sich angesehen, wie sich der Kohlenstoffkreislauf der Erde bei Zugabe oder Entfernung einer großen Menge an Kohlenstoff verändert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nahmen dabei das Zehn- bis Einhundertfache der aktuellen jährlichen globalen Emissionen auf einmal aus dem System – oder gaben die Menge zusätzlich dazu. Dann verglichen sie über 1000 Jahre die Entwicklung der simulierten CO₂-Konzentration und der Temperaturen… weiterlesen