Wenn das Jahrhunderthochwasser jährlich kommt
Wenn das Jahrhunderthochwasser jährlich kommt
„Spätestens jetzt, nach den katastrophalen Flut- und Hochwasserkatastrophen in Teilen Sachsens, Südostbayerns, Österreichs und Tschechiens mit erneuten Todesopfern und unbewohnbaren Siedlungen, muss ein radikales Umdenken in Politik, Verwaltung und Wirtschaft bei den Schwerpunkten der Klimaschutzpolitik stattfinden. Statt Milliarden in fragwürdige, von viel Ideologie getragenen ‚Nice to have Projekten‘ wie Wärmepumpen und Elektroautos zu versenken, gilt es jetzt, konsequent den Hochwasserschutz und die Katastrophenabwehr zu überdenken“, so Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung NatureLife-International (NLI) in einer Pressemitteilung.
Die Ereignisse der letzten Monate bis zum jüngsten Wasserinferno seien traurige Beweise, dass alte Pläne für Hochwasser- und Bevölkerungsschutz schnell fortentwickelt, überdacht und in schnelles Handeln überführt werden müssten.
„Nichts wird bleiben, wie es war!“
„Nichts wird bleiben wie es war und je früher wir uns auf Extremwetterereignisse einstellen, um so eher sind die Kommunen und ihre Bürger, Bund und Länder sowie die immer mehr an ihre Grenzen kommenden Hilfsorganisationen vorbereitet“, ergänzt Hutter und mahnt angesichts immer knapper werdenden Finanzressourcen, einer schön geredeten Staatspleite, einer höchst bedenklichen, geopolitisch instabilen Weltlage, Finanzmittel da einzusetzen, wo Mensch und Natur wirklich geholfen werde.
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Die aktuellen Flutkatastrophen gelten noch als sogenannte Jahrhunderthochwasser. So zumindest die althergebrachte Betrachtungseise. Statt statistisch gesehen nur einmal in 100 Jahren, treten solche Katastrophenszenarios mittlerweile alle paar Monate irgendwo in Deutschland und Europa ein.
„Die Ursachen sind klar und wissenschaftlich schon lange beschrieben“, sagt Volker Angres, Mitautor des aktuellen Buchreports von NatureLife ‚So wird das nichts. Politik zwischen Klimakollaps, Heizungshektik und Naturverwüstung ‘. Darin beschreiben er und Claus-Peter Hutter unter anderem, dass durch die globale Erwärmung eben wärmere Luftschichten auch mehr Wasser speichern können, dass dann sintflutartig regional oder sogar lokal begrenzt nieder regnet.
„Schon 1957 gab es eine ziemlich exakte Prognose zu den Auswirkungen des Klimawandels‘, so Angres weiter. Damals ergaben Studien des amerikanischen Ozeanographen Roger Revelle, dass die Meere nicht in der Lage sein würden, dass zusätzliche, menschengemachte CO2 auf Dauer aufzunehmen. „Er hat uns damals alle gewarnt“, stellt Angres fest, „damals wie heute war und ist die internationale Politik aber nicht in der Lage, mit dem Problem umzugehen.“ Seit jeher hätten sich bei allen Klimaverhandlungen stets die Wirtschaftsinteressen, vor allem der Öl- und Schwerindustrie, durchgesetzt.
NatureLife verweist auf Prof. Piotr Skubała von der schlesischen Universität in Katowice. “Die Häufigkeit und Stärke der Auswirkungen solcher Wetterphänomene nehmen zu. Dürreperioden und heftige Regenfälle, die unser Land mit zunehmender Heftigkeit heimsuchen, sind ein Paradebeispiel dafür, wozu der Ausstoß gigantischer Mengen an Treibhausgasen führt und wovor Wissenschaftler seit Jahrzehnten warnen. Die Maßnahmen, die wir ergreifen müssen, sind uns bekannt und wurden auf mehreren Klima- oder Biodiversitätskonferenzen dargelegt. Warum setzen wir sie nicht wirksam um?”
Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel vordringlich
Die Forderungen nach viel mehr Klimaschutz seien zwar nachvollziehbar, doch würden sie uns nicht vor weiteren Extremwetterereignissen bewahren, ergänzt Claus-Peter Hutter. Selbst wenn die gesamte Welt morgen keine Treibhausgase mehr produzieren würde, dauerte es Jahrzehnte, bis sich das Klima wieder stabilisierte, stellen die beiden Autoren in ihrem Buch fest.
Schnellstmöglich seien daher Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umzusetzen, vordringlich im kommunalen Raum. „Das können Flutwasser Rückzugsräume sein, mehr Grün in den Städten – also keine Nachverdichtung auf Grünbeständen mehr – und die Renaturierung von Bachläufen und Flüssen“, so Hutter. Zudem müsste die internationale Entwicklungshilfe verstärkt auf bilaterale Klimaanpassungsprojekte in Drittländern setzen, um eine absehbar gewaltige Klimaflüchtlingswelle so gering wie möglich zu halten.
In zweiter Linie müsse es dann natürlich um die Vermeidung von Treibhausgasen gehen, darin sind sich die beiden Autoren einig. „Wie haben allerdings so viel Zeit verloren, dass Klima- und Wirtschaftspolitiker eine schlichte Frage beantworten müssen: Wenn ich eine Milliarde für den Klimaschutz habe, wo setze ich das Geld ein?“ Klare Antwort der Buchautoren: Da, wo es den meisten Klimaschutz für das Geld gibt. Und das sei eben nicht bei Wärmepumpen und einer Handvoll E-Autos der Fall, sondern es müssten die ‚großen Räder‘ gedreht werden – wie etwa Stahlwerke auf Wasserstoff statt Koks als Brennstoff umzustellen.
Marion Rapp