„Lebendes“ Plastik aus Cyanobakterien

„Lebendes“ Plastik aus Cyanobakterien
Lebendes Plastik: Der Biotechnologe und FH-Absolvent Dr. Moritz Koch entwickelte im Rahmen seiner Promotion eine „lebende Plastikkugel“. Sie ist CO₂-neutral in der Produktion und biologisch abbaubar.
Diese „lebende Plastikkugel“ ist ein Bakterium (Cyanobakterium), das von Natur aus zu zehn Prozent aus Kunststoff besteht (Polyhydroxybutyrat, kurz PHB). Da der PHB-Anteil von zehn Prozent noch nicht für eine industrielle Weiterverarbeitung genügt, wollte Koch genau dies ändern. Ihm gelang es, den PHB-Anteil in Cyanobakterien auf über 80 Prozent zu steigern. „Seine“ Cyanobakterien bestehen nun hauptsächlich aus Plastik, leben aber.
Optimierung eines Bakteriums
„Wir haben zwei große ökologische Probleme: den Klimawandel und die Verschmutzung unserer Ökosysteme durch Plastikmüll“, sagt Moritz Koch. „Das sollten wir in den Griff kriegen.“ Deshalb gehe er mit seiner Idee auf beides ein. Denn: Koch entwickelte bei seiner Promotion eine „lebende Plastikkugel“, wie er sie selbst nennt.
Das Cyanobakterium besteht von Natur aus zu zehn Prozent aus Kunststoff (Polyhydroxybutyrat, kurz PHB). Das Interessante an Cyanobakterien sei, zitiert der Wissenschafts-Pressedienst idw den Forscher, dass sie photosynthetisch wachsen: Sie brauchen zum Wachstum vor allem Licht und CO₂. „Von beidem haben wir mehr als genug“, so Koch.

Da der PHB-Anteil von zehn Prozent noch nicht für eine industrielle Weiterverarbeitung genügt, wollte Moritz Koch das ändern. „Also bin ich zum Ingenieur der Zellen geworden“, erzählt Koch. Er schaltete mit seinem Team Gene an oder aus und betrachtete den Einfluss auf den Stoffwechsel. Am Ende seien es die Erkenntnisse jahrelanger Grundlagenforschung gewesen, die zusammenkamen und den Durchbruch brachten: Ihm ist es gelungen, den PHB-Anteil in diesen Cyanobakterien auf über 80 Prozent zu steigern.
Plastikbakterien produzieren nachhaltigen „Kunststoff“
Das Cyanobakterium besteht dann hauptsächlich aus Plastik, lebt aber weiter. Mit diesen „Plastikbakterien“ oder „lebenden Plastikkugeln“ lassen sich nun Kunststoffe produzieren, die klimafreundlich hergestellt werden und nach der Nutzung nicht für hunderte Jahre im Meer schwimmen, sondern abbaubar sind. So beachtet Kochs Bioplastik beide eingangs genannten ökologischen Probleme: Klimawandel und Meeresverschmutzung.
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Begonnen hat der Weg von Moritz Koch als Student am Fachbereich Chemie und Biotechnologie am Campus Jülich der FH Aachen. Während seines Bachelorstudiums absolvierte er ein Praxisjahr an der University of California, Berkeley. Später arbeitete er in Israel – ebenfalls mit Cyano-bakterien, da diese häufig in der Wüste vorkommen. Seinen Master und seine Promotion absolvierte er an der Universität Tübingen. Aktuell ist Moritz Koch als Postdoktorand in Vancouver an der University of British Columbia und forscht weiter an Cyanobakterien, damit sie großflächig industriell genutzt werden könnten.
Aktuell gebe es aber noch nicht die industrielle Infrastruktur, um die Cyanobakterien im großen Maßstab zu produzieren. Koch hofft, dass sich die Politik und der Markt zunehmend Richtung Nachhaltigkeit bewegen. Um das neue Bioplastik in größerem Maßstab zu produzieren, wurde nun eine Zusammenarbeit mit dem Umweltforschungszentrum Leipzig gestartet. „Ich glaube, dass diese technische Lösung nur ein kleines Puzzleteil zur Lösung des Gesamtproblems ist.“, sagt Koch. „Bis eine meiner Bioplastiktüten übers Band rollt, vergehen sicher noch fünf bis zehn Jahre. Die Meere sind aber jetzt schon verschmutzt, wir müssen jetzt etwas tun. Beim Thema Müll, und vor allem auch beim Klimawandel.“
red