Nordsee-Grund als CO2-Endlager
Nordsee-Grund als CO2-Endlager
ingenieur.de: Ausgediente Pipelines am Meeresgrund könnten genutzt werden, um das Klimagas in flüssiger Form zu einem unterirdischen Endlager zu transportieren. Es ist Platz genug da für 800 Millionen Tonnen.
Bis zu 17 Jahre lang produzieren Kohlekraftwerke in Deutschland noch Strom. Noch länger wird es dauern bis auch die Erdgaskraftwerke nicht mehr gebraucht werden, weil es genügend selbst erzeugten Ökostrom, gigantische Stromspeicher für wetterbedingte Ausfälle und Importe von Strom und Wasserstoff gibt. Viele Jahre noch wird also Kohlenstoffdioxid (CO₂) in großen Mengen in die Atmosphäre entlassen, wenn keine Abhilfe geschaffen wird. Damit nimmt eine alte, schon einmal zumindest in Deutschland verworfene Idee wieder Fahrt auf: Die Abtrennung des Klimagases etwa aus dem Rauch von Kraftwerken und Zementfabriken und dessen Einlagerung in tiefen geologischen Formationen, etwa ausgebeuteten Erdöl- und Erdgaslagerstätten.
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Der deutsche Energiekonzern Wintershall Dea, beheimatet in Kassel und Hamburg, hat CCS (Carbon Capture and Storage, also Abtrennen von Kohlenstoffdioxid und dessen Endlagerung) wieder ins Visier genommen. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg prüft er die Eignung von Pipelines, die auf dem Grund der Nordsee liegen und einst Erdgas befördert haben, auf ihre Eignung als Transportmittel für flüssiges CO₂. Das Gas soll hin zu Bohrungen fließen, durch die es in ehemalige fossile Lagerstätten gepresst wird.
Isoliert werden müssen die Rohre nicht, heißt es bei Wintershall Dea. Am Grund der Nordsee lägen die Temperaturen nur wenig über Null Grad Celsius. Das bedeute, dass das Klimagas, das unter Druck durch die Pipelines gejagt wird, sich nicht so stark erwärmt, dass es sich in ein Gas zurück verwandelt und die Pipeline sprengt.
Auf dem Meeresboden der südlichen Nordsee liegen mehr als 4.800 Kilometer Pipelines, von denen 1.200 der Wintershall Noordzee gehören, einem 50:50-Joint Venture von Wintershall Dea und Gazprom EP International mit Sitz in Amsterdam. Dachgesellschaft ist der russische Erdgasförderer Gazprom. Wintershall Nordzee verfügt ebenfalls über zahlreiche ausgeförderte Lagerstätten. Teile dieser Netze könnten für den CO₂-Transport genutzt werden. Allein der niederländische Kontinentalsockel hat enormes Einlagerungspotenzial: Experten der niederländischen Forschungsorganisation TNO schätzen, dass dort rund 800 Millionen Tonnen CO₂ gespeichert werden könnten. Das entspricht den Acht-Jahres-Emissionen der deutschen Industrie, basierend auf Zahlen von 2018.
Insbesondere Unternehmen mit „unvermeidbaren“ Emissionen aus der Stahl-, Zement- oder chemischen Industrie seien in Zukunft auf Lagerstätten für die Abscheidung und sichere Speicherung ihrer CO₂-Emissionen angewiesen, glaubt man bei Wintershall Dea. Auch das CO₂, das bei der Produktion von blauem Wasserstoff aus Erdgas entsteht, könne auf diese Weise sicher gespeichert werden… weiterlesen