Peta-Whitepaper: Veganes Deutschland

Peta-Whitepaper: Veganes Deutschland
Foto: Christian B./Pixabay CC/PublicDomain

Peta-Whitepaper: Veganes Deutschland

nationalgeographic.de: Keine Kühe, keine Eier, kein Fleisch: Was wäre, wenn Deutschland komplett auf tierische Produkte verzichtet? Ein PETA-Paper zeigt, warum das mehr verändert, als wir denken.

Keine Milch im Kühlregal, kein Käse auf dem Brot, keine Wurst in der Metzgerei. Stattdessen: Haferdrinks, Lupinensteaks, vegane Käsealternativen – und ziemlich viel Agrarfläche, die anders genutzt werden könnte. Wie sähe Deutschland aus, wenn wir ab morgen auf sämtliche tierische Produkte verzichten würden?

Konkreter Ausstiegsplan für eine tierfreie Landwirtschaft

Ein aktuelles Whitepaper der Tierschutzorganisation PETA entwirft genau dieses Szenario – nicht als Science-Fiction, sondern als konkreten Ausstiegsplan. „Das Paper zeigt, wie ein Ausstieg aus der Tierwirtschaftaussehen und welche Vorteile die tierfreie Landwirtschaft für Tiere, Menschen und Umwelt haben kann“, erklärt Lisa Kainz, Fachreferentin für Ernährung und Agrarwissenschaften bei PETA Deutschland und Mitautorin des Whitepapers neben Hauptautor Martin Müller.

Tatsächlich wären die ökologischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Ausstiegs aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland konkret spürbar. Wie würde sich unsere Ernährung, unser Klima, unsere Landschaft verändern – und was würde es kosten, diesen radikalen Wandel umzusetzen? 

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Das Szenario klingt visionär und wirft tiefgehende Fragen auf: über unser Verhältnis zur Natur, über die Zukunft der Landwirtschaft und über die ethischen Grundlagen unseres Ernährungssystems.

Tierhaltung in Deutschland – ein System mit Nebenwirkungen?

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg begann in Deutschland eine strukturelle Entwicklung, die von der Selbstversorgung zu einer kapitalintensiven und hoch spezialisierten Lebensmittelproduktion führte.

Heute gilt die Nutztierhaltung als zentrales Standbein der deutschen Landwirtschaft und ist von hoher Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung: So hielten deutsche Landwirtinnen und Landwirte im November 2024 laut dem Bundesministerium für Landwirtschaft 10,5 Millionen Rinder, 21,3 Millionen Schweine, 1,5 Millionen Schafe und 167 Millionen Geflügel (Stand 2023). 

Der Großteil der landwirtschaftlich genutzten Tiere wird in Deutschland konventionell, bzw. industriell oder in Intensivtierhaltung gehalten. Darunter versteht man die „technisierte Tierhaltung in Großbetrieben zur Gewinnung möglichst vieler tierischer Produkte“. Laut PETA stammt 89 Prozent des in Deutschland verkauften Fleischs aus den Haltungsformen 1 und 2, umgangssprachlich auch mit Massentierhaltung gleichgesetzt. 

Bereits im frühen 20. Jahrhundert kam allerdings die Diskussion über die ökologischen Folgen dieser Entwicklung auf, von der sichtbaren Umgestaltung der Agrarlandschaft und der „Massentierhaltung“, bis zum chemischen Pflanzenschutz oder künstlichen Düngern. Daraus entwickelte sich das alternative Konzept der ökologischen Landwirtschaft. 

Laut Umweltbundesamt wächst in Deutschland seit den 1990er Jahren die Zahl der Ökolandbaubetriebe ebenso wie die von ihnen bewirtschaftete Fläche langsam, aber kontinuierlich: Im Jahr 2023 wurden 11,2 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaftet. Doch trotz dieses stetigen Wachstums ist man vom 30-Prozent-Ziel der Bundesregierung für den Ökolandbau noch weit entfernt.

Flächennutzung: Hoher Ressourcenverbrauch durch Tiere

Weil all diese gehaltenen Nutztiere Hunger haben, wachsen in Deutschland auf etwa 60 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche keine Lebensmittel für Menschen, sondern Futtermittel für Tiere, darunter Mais, Soja und Getreide. Zusätzlich importiert Deutschland große Mengen Soja aus den USA und Südamerika

Auf den verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland werden auf rund 17 % nachwachsende Rohstoffe für die Erzeugung von Biogas (vor allem Mais) und Biokraftstoffe (vor allem Raps) angebaut. Die verbleibenden Ackerflächen stehen direkt für den Anbau von Lebensmitteln für die menschliche Ernährung zur Verfügung.

Die Tierhaltung verursacht nicht nur einen hohen Ressourcenverbrauch, sondern auch große Umweltschäden: Sie ist für rund 68 % der Treibhausgasemissionen der deutschen Landwirtschaft verantwortlich, belastet Böden und Gewässer mit Nitrat und Ammoniak und trägt zur Übersäuerung und Überdüngung der Ökosysteme bei. Auch antibiotikaresistente Keime, Tierwohlprobleme und soziale Spannungen im ländlichen Raum sind Teil des Problems – insbesondere dort, wo sie industriell und intensiv betrieben wird: Denn neben den ökologischen Belastungen entstehen wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen großen und kleinen Betrieben oder moralische Konflikte.

Das Umweltbundesamt sieht „die intensive Nutztierhaltung und den hohen Konsum tierischer Lebensmittel (…) mit negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima verbunden“. Änderungen in der Produktion und beim Konsum könnten die Umwelt und das Klima entlasten. Denn die Tierhaltung trage maßgeblich zu den direkten Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bei, indem sie direkt und indirekt wirke: Im Jahr 2023 verursachte die deutsche Landwirtschaft rund 54,8 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente – das entspricht etwa 8,2 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland. 

Besonders klimaschädlich wirkt das Methan aus der Verdauung von Wiederkäuern und das Lachgas aus Gülle und Düngung. Beide Gase sind deutlich wirksamer als CO₂ – Methan etwa 25-mal, Lachgas sogar 265-mal. 

Zum anderen entstehen indirekte Emissionen durch Futtermittelanbau, energieintensive Mineraldüngerproduktion und Landnutzungsänderungen, wie Waldrodung oder die Entwässerung von Mooren. Insgesamt ist die globale Nutztierhaltung weltweit für etwa 15 % der menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich – und wird zum zentralen Hebel für den Klimaschutz. 

Laut dem PETA-Paper komme hinzu, dass die landwirtschaftliche Tierhaltung – neben Flächenverbrauch, Ressourcenverbrauch und Treibhausgasemissionen – für den Biodiversitätsverlust und für die Bedrohung der politischen und gesellschaftlichen Stabilität verantwortlich sei. Der vollständige Verzicht auf tierische Produkte würde nicht nur Millionen Tonnen CO₂ einsparen, sondern auch Flächen freigeben, Artenvielfalt fördern und die öffentliche Gesundheit verbessern.

Was würde sich konkret ändern, wenn Deutschland vegan wäre?

Laut Lisa Kainz ist „dieser Status Quo nicht haltbar. Wir brauchen eine Veränderung – hin zu einer tierfreien Landwirtschaft und weg von der Ausbeutung von Tier und Natur.“ Für diesen „kompletten Ausstieg aus der Tierwirtschaft“ listet das aktuelle Whitepaper der PETA zahlreiche Maßnahmen und positive Chancen auf. 

Auch wenn man bei PETA weiß, dass „in einer Demokratie mit Marktwirtschaft die Eingriffsmöglichkeiten der Politik begrenzt“ sind, wolle man „im wahrsten Sinne des Wortes für die Tiere ackern“. PETA sei eine der ersten Tierschutzorganisationen, die das Thema konkretisieren, so die Fachreferentin der Tierschutzorganisation. Was würde sich konkret ändern, wenn Deutschland vegan würde? … weiterlesen

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