Wie ein Klimaschutzgesetz unseren Wald ruiniert

Wie ein Klimaschutzgesetz unseren Wald ruiniert
Buchenwald auf der Schwäbischen Alb Foto: Irslinger
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Wie ein Klimaschutzgesetz unseren Wald ruiniert

Mit dem neuen Klimaschutzgesetz hat die Bundesregierung festgelegt, in welchem Umfang die Treibhausgasemissionen jedes Jahr sinken sollen. Die Wälder in Deutschland sollen verstärkt als Kohlenstoffsenke fungieren und fortlaufend mehr Kohlenstoff (C) einlagern. Bis zu einer Milliarde Tonnen Kohlendioxid (CO2) will man zusätzlich im deutschen Wald binden. Nützt das wirklich dem Klima?

Blick in die Glaskugel

Der Verzicht auf Nutzung soll dazu führen, einen sehr viel höheren C-Speicher in den Wäldern aufzubauen. Dafür müsste man auf die Nutzung von 40 Millionen Kubikmeter Holz pro Jahr verzichten. Geht das überhaupt?

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Der Klimawandel mit trocken-heißen Sommern wird vermehrt zum Sterben von Wäldern führen. Das starke Wachstum unserer Wälder in der Vergangenheit ist auf den hohen Stickstoffeintrag aus Landwirtschaft und Verkehr zurückzuführen, der Eintrag wird zurückgehen und das Wachstum verlangsamen. Auch können einzelne Wälder zwar sehr alt werden, aber nicht die Wälder ganzer Waldlandschaften. Denn ein Großteil der Wälder wird durch Trockenheit, Stürme und Insekten früh geschädigt. Auf zweifelhaften Annahmen eine Politik des Klimaschutzes zu gründen, ist mehr als fahrlässig.

Der Waldspeicher ist bereits sehr hoch

Sowohl sich selbst überlassene als auch bewirtschaftete Wälder können im Einzelfall sehr hohe Biomasse- und damit C-Vorräte aufbauen. In Deutschland liegt der Holzvorrat mit 3,9 Milliarden Kubikmeter oder 358 Kubikmeter pro Hektar schon jetzt auf Rekordniveau. Die wenigen noch vorhandenen vergleichbaren Primärwaldlandschaften Osteuropas haben Vorräte, die nur wenig über den Vorräten unserer Wälder liegen.

Auch sind alte Wälder nicht grundsätzlich größere C-Speicher, weil Primärwaldzyklen Zerfallsphasen aufweisen, die infolge von Absterbeprozessen der Bäume CO2-Quellen darstellen.

Humus und Nährstoffe bleiben erhalten

Pflegliche Waldwirtschaft hat keine negativen Folgen für den C-Vorrat im Humus der Böden, trotz Holznutzung wird jedes Jahr weiteres CO2 im Waldboden gebunden. Die Versauerung der Waldböden ist in erster Linie auf die Eutrophierung durch den Stickstoffeintrag zurückzuführen. Die mit der Holzentnahme dem Wald entzogenen Elemente Calcium, Kalium und Magnesium werden durch Verwitterung nachgeliefert.

Zudem wird schwaches Holz mit weniger als 7 bis 10 cm, das wegen des großen Rindenanteils hohe Nährstoffgehalte ha, im Wald belassen. Eine reduzierte Holznutzung würde den Versauerungsdruck auf die Böden nicht verringern.

Alte Wälder sind labile Kohlenstoffspeicher
Dürerhaus in Nürnberg speichert CO2 im Holz seit Jahrhunderten Foto: Irslinger

Mit zunehmendem Alter und Holzvorrat werden Wälder instabil und zum Klimarisiko. Die Hitzesommer haben gezeigt, wie empfindlich Wälder auf Trockenstress reagieren. Auch in Naturwäldern können Stürme und Insekten zu großflächigen Störungen führen, unsere Wälder werden künftig vermehrt durch Feuer vernichtet werden und dabei große Mengen an CO2 freisetzen.

Steigende Totholzmengen erhöhen das Risiko zusätzlich, Siedlungen sind gefährdet. Die EU-Verordnung über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft schreibt aber vor, dass C-Speicher unbedingt langfristig stabil und anpassungsfähig sein müssen. Eine Erhöhung des Waldspeichers verstößt insofern gegen EU-Recht.

Bauholz als Speicher

Etwa 30 Prozent des in Deutschland geernteten Holzes werden zu Holzprodukten verarbeitet, der im Holz enthaltene Kohlenstoff stellt eine Erweiterung des Waldspeichers dar. Ein Kubikmeter in einem Holzhaus verbauten Holzes bindet eine Tonne CO2. Dabei ermöglichen Nadel- gegenüber Laubbaumarten nicht nur einen höheren Zuwachs, sondern auch eine höhere Ausbeute bei der Produktherstellung.

Holz ist ein Ersatz für fossile Brennstoffe

Werden aus dem geernteten Holz Holzprodukte hergestellt, ist dieser Prozess mit weniger fossilen CO₂-Emissionen verbunden, als wenn Stahl, Aluminium, Glas oder Beton verwendet würde. Jeder Kubikmeter Holz im Dachstuhl eines Hauses vermeidet fossile Emissionen von etwa 1,5 t CO2, Holzhäuser vermeiden allein beim Bau 35 bis 56 Prozent fossiles CO2.

Werden ausrangierte Holzprodukte am Ende energetisch genutzt, gelangt das CO2 erst nach Jahren oder gar Jahrzehnten nach der Holzernte wieder in die Atmosphäre.

Je langlebiger die Produkte, desto später und desto besser für das Klima. Ein Kubikmeter energetisch genutztes Holz vermeidet etwa 0,6 t fossiles CO2.

Holz, das im Naturwald verrottet, setzt dieselbe Menge an CO2 frei wie Holz, das energetisch genutzt wird, allerdings ohne fossiles CO2 zu vermeiden. Die am besten das Klima schützende Strategie ist, möglichst viel des geernteten Holzes zunächst zu Holzprodukten zu verarbeiten. Mit Holzprodukten und ihrer späteren Nutzung im Heizkraftwerk vermeiden wir je Kubikmeter geerntetem Holz etwa eine Tonne fossiles CO2.

Bei der Verbrennung von Holz entsteht wegen dessen geringer Energiedichte bezogen auf den Energiegehalt 75 Prozent mehr CO2 als bei der Verbrennung von Erdgas. Holz energetisch zu nutzen ist aber trotzdem CO2-neutral, denn fossile Energieträger befördern Kohlenstoff aus der Erdkruste in den Kreislauf von Biosphäre und Atmosphäre. Die Verbrennung von Holz setzt aber nur Kohlenstoff frei, der bereits Teil dieses Kreislaufes ist.

Die Verbrennung von Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft ist CO2-neutral, solange der C-Vorrat der Waldlandschaft durch das Nachwachsen der Bäume erhalten bleibt.

Falsch ist es, zu behaupten, es würde 100 Jahre dauern, bis der Kohlenstoff im nachwachsenden Baum wieder gespeichert ist, so lange würde das CO2 die Atmosphäre belasten. Angenommen, in einem Modell-Wald stehen hundert Bäume und jeder Baum ist ein Jahr älter als der Nächstjüngere und der hundertjährige Baum wird geerntet. Die aus dem Wald exportierte Holzmenge ist bereits am Ende der folgenden Vegetationsperiode durch Photosynthese der restlichen 99 Bäume und der anstelle des gefällten Baumes wachsenden Keimlinge wieder nachgewachsen.

Die Wald-Biomasse ist ein Jahr nach der Holzernte daher so groß wie zuvor.

Holz aus naturnah bewirtschafteten heimischen Wäldern ist eine unentbehrliche Stütze im Kampf gegen den Klimawandel. Wälder verstärkt als C-Senken zu deklarieren, wäre sehr riskant, würde mehr Holzimporte nach sich ziehen und zur Abholzung von Naturwäldern, etwa in Sibirien beitragen und dort riesige Mengen an CO2 freisetzen. Das ist typisches Verhalten reicher Nationen, die so ihren ökologischen Fußabdruck ins Ausland verlagern und vergessen, dass Klimaschutz global ansetzen muss.

Prof. Roland Irslinger

„Waldwildnis ist die falsche Strategie!“, kritisiert unser
Autor Prof. a. D. Roland Irslinger.
Er war Professor für Waldökologie an der Hochschule für Forstwirtschaft
in Rottenburg am Neckar.

Hier finden Sie eine ausführliche Darstellung seiner Argumentation.

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